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Neues Defizitverfahren gegen Deutschland

7. Oktober 2009

Die EU-Kommission hat Defizitverfahren gegen Deutschland und acht weitere EU-Staaten auf den Weg gebracht. Begründet wurde das mit der ausufernden Staatsverschuldung. Hohe Strafen gelten aber als unwahrscheinlich.

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Symbolbild zum Defizitverfahren gegen Deutschland (DW-Grafik: Per Sander)
Deutschland ist mit einem Defizit von 3,9 Prozent erneut DefizitsünderBild: DW

Nach einem am Mittwoch (07.10.2009) von der Europäischen Kommission veröffentlichten Bericht verstoßen die Bundesrepublik und acht weitere EU-Länder gegen den Stabilitäts- und Wachstumspakt. "Die große Mehrheit der EU-Mitgliedsstaaten steuert infolge der Wirtschaftskrise auf ein Haushaltsdefizit von mehr als drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts 2009 zu", begründete EU-Währungskommissar Joaquín Almunia in Brüssel die Einleitung der Defizitverfahren.

Mit der offiziellen Verfahrens-Eröffnung wird für Mitte November gerechnet. Die Brüsseler Behörde muss zunächst die Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses der EU abwarten, ehe sie die Einleitung von Defizitverfahren gegen die neun Staaten empfehlen kann.

Hohe Strafen gelten als unwahrscheinlich

EU-Währungskommissar Joaquín Almunia (Foto: AP)
EU-Währungskommissar Joaquín AlmuniaBild: AP

Das deutsche Haushaltsdefizit liegt den Angaben aus Brüssel zufolge in diesem Jahr bei 3,9 Prozent und damit deutlich über der EU-Höchstmarke von drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Zuletzt stand die Bundesrepublik in den Jahren 2002 bis 2007 als "Defizitsünder" am Pranger.

Hohe Geldstrafen gelten vorerst als unwahrscheinlich. Denn wegen der Wirtschafts- und Finanzkrise wendet die Kommission die Regeln des Paktes derzeit recht großzügig an. Sie gibt den Ländern viel Zeit, ihre Haushalte wieder ins Lot zu bringen. Die Kommission erklärte, es herrsche weltweit Einigkeit darüber, dass die staatlichen Konjunkturimpulse notwendig waren, um eine lang anhaltende tiefe Rezession zu vermeiden. In dem Bericht der Kommission heißt es weiter, auch Deutschland werde der "Ausnahmecharakter" des Defizits zugute gehalten. Dieses sei "auf einen schweren Wirtschaftsabschwung zurückzuführen".

Neben Deutschland sind auch Österreich, Belgien, Italien, die Niederlande, Portugal, die Slowakei, Slowenien und Tschechien im Visier der EU. Die meisten Regierungen der betroffenen Länder haben sich mit milliardenschweren Konjunkturprogrammen gegen die Wirtschaftskrise gestemmt und damit einen starken Anstieg der Staatsverschuldung in Kauf genommen.

Verfahren gegen insgesamt 20 der 27 EU-Staaten

Im Seehafen Rostock warten die Kräne auf Schiffe (Foto: dpa)
EU-Kommission: Staatliche Konjunkturimpulse waren notwendigBild: dpa

Der Schritt der EU-Kommission kam nicht überraschend. Almunia hatte ihn bereits in der vergangenen Woche beim Finanzministertreffen in Schweden angekündigt. Der EU-Währungskommissar betonte, ungeachtet der Wirtschaftskrise müsse der Stabilitätspakt "rigoros angewandt werden, damit unsere Grundlage für die Korrektur übermäßiger Defizite glaubwürdig bleibt".

Gegen elf weitere EU-Staaten laufen bereits Defizitverfahren. Das sind Großbritannien, Frankreich, Spanien, Griechenland, Irland, Polen, Lettland, Litauen, Rumänien, Malta und Ungarn. Damit sind gegen insgesamt 20 der 27 EU-Staaten die Haushaltskontrollverfahren der Europäischen Union eingeleitet worden.

Autorin: Ursula Kissel (dpa, rtr, ap, afp)
Redaktion: Herbert Peckmann