Jugendberufsagentur
11. Juli 2014"Bei mir ist nach der Schule einiges schief gelaufen", erzählt der junge Hamburger Kevin Losz, während er an einem LKW schraubt. Der Besitzer des Wagens hat sich den Spiegel kaputt gefahren - Kevin soll ihn jetzt reparieren. Er ist Auszubildender im ersten Lehrjahr.
Kevin ist 20 Jahre alt. In dem Alter haben andere Jugendliche ihre Lehre längst abgeschlossen. Zwei Berufsausbildungen hat er in den letzten Jahren bereits angefangen, dann aber wieder abgebrochen. "Es lief einfach nicht so, wie ich mir das vorgestellt hatte", sagt er. Monatelang war der junge Mann mit Hauptschulabschluss arbeitslos, schrieb eine Bewerbung nach der anderen. "Es war sehr schwer für mich, Fuß zu fassen", erinnert er sich.
Neue Wege seit zwei Jahren
Seit fast einem Jahr macht Kevin nun in einem Hamburger Betrieb seine Lehre als Nutzfahrzeugmechatroniker – repariert also LKW und andere größere Fahrzeuge. "Geträumt habe ich von diesem Job nicht", gibt der 20-Jährige zu. Viel lieber hätte Kevin in der Metallbranche oder als Elektriker gearbeitet. Aber er nimmt es mit Humor: "Jetzt schraube ich halt an LKW rum, ist auch ok."
Dass Kevin einen Ausbildungsplatz gefunden hat, hat er auch der Jugendberufsagentur zu verdanken. Das Modell ist in Deutschland noch ganz neu. Die Agentur kümmert sich ausschließlich um junge Menschen bis 25 Jahre. Die erste wurde vor zwei Jahren in Hamburg eröffnet. Mittlerweile gibt es sie in der ganzen Stadt.
"Was soll aus mir werden?"
"Keiner soll verloren gehen - alle werden gebraucht", so der Slogan der Jugendberufsagentur. Sie will Schulabgängern der 9. und 10. Klasse sowie Abiturienten helfen, sich auf dem Arbeitsmarkt zu orientieren. Denn genau in dieser Situation seien sich viele junge Menschen noch überhaupt nicht sicher, welcher Beruf der richtige für sie ist, erklärt Dušan Djordan von der Jugendberufsagentur in Hamburg. Die meisten würden sich darüber erst Gedanken machen, wenn die Schule längst vorbei ist. Für die Suche nach einem geeigneten Ausbildungsplatz sei es dann aber oft schon zu spät.
Offizielle Zahlen bestätigen dieses Problem. In Deutschland liegt die Jugendarbeitslosigkeit bei unter 25-Jährigen derzeit bei knapp 8 Prozent. Im Vergleich zu europäischen Nachbarländern ist sie damit relativ gering. In Griechenland etwa ist mehr als jeder zweite Jugendliche ohne Job. Allerdings fällt den Jugendlichen hierzulande gerade der Übergang zwischen Schule und Berufsausbildung schwer. Mehr als die Hälfte der arbeitslosen Jugendlichen in Deutschland hat keine Berufsausbildung abgeschlossen.
Alle unter einem Dach
Neu an der Jugendberufsagentur ist, dass hier Mitarbeiter verschiedener Behörden gemeinsam arbeiten: Berufsberater, Sozialarbeiter und Mitarbeiter der Schulbehörde. Eigentlich machen sie dort die Arbeit, die sie immer gemacht haben. Nur können sie die Jugendlichen jetzt schneller und besser betreuen.
"Früher sind uns die Jugendlichen oft verloren gegangen", erzählt Dušan Djordan. "Wir haben sie von einer Behörde zur nächsten geschickt und wussten am Ende gar nicht mehr, ob sie dort überhaupt angekommen sind." Weil jetzt verschiedene Ansprechpartner nebeneinander auf einem Flur sitzen, können die Jugendlichen gleich mehrere Probleme auf einmal klären. Die Mitarbeiter helfen nicht nur bei der Jobsuche, sondern auch bei Wohnungsnot, finanziellen Schwierigkeiten oder Problemen Zuhause.
Ein Modell auch fürs Ausland
Diese Rundumbetreuung hat bereits erste Erfolge erzielt: 14.000 Jugendliche haben im vergangenen Jahr das Angebot in Hamburg genutzt. Fast 6.000 von ihnen konnte die Agentur einen Job vermitteln. Das sind bemerkenswert viele. Jugendberufsagenturen soll es deswegen bald schon in ganz Deutschland geben – und vielleicht sogar über die Grenzen hinaus. Denn Interessenten gibt es genug. Und die kommen nicht nur aus den Euro-Krisenländern wie Griechenland oder Spanien, wo die Jugendarbeitslosigkeit nach wie vor erdrückend hoch ist. Auch Schweden, Holländer und Niederländer waren bereits zu Besuch, um sich von der Arbeit der Jugendberufsagentur etwas abgucken zu können.
Einer, der anpacken kann
Auch Kevin Losz hat durch die Unterstützung der Jugendberufsagentur einen Ausbildungsplatz bekommen. Seine damalige Berufsberaterin hatte ihm in der LKW-Werkstatt zunächst ein Praktikum organisiert. Dort konnte er schnell von sich überzeugen. Kevins Vorgeschichte war seinem heutigen Chef egal. "Ich brauche junge Leute die verlässlich sind und anpacken können" betont Werkstatt-Chef Jörg Meyer. Genau das schätze er an seinem neuen Auszubildenden.
Kevin hat in dem Betrieb zwar nicht seinen Traumjob gefunden, dafür aber einen Ausbildungsplatz, an dem er sich wohlfühlt. In drei Jahren ist er mit seiner Lehre fertig. Danach würde er am liebsten weiter in der Werkstatt arbeiten, sagt er.