Der Kosovo wählt
16. November 2007Kurz vor dem geplanten Abschluss der Verhandlungen über den künftigen Status des Kosovo finden in der südserbischen Provinz am Samstag (17.11.2007) Parlaments- und Kommunalwahlen statt. Dem neuen Parlament dürften schon im Dezember, wenn die Status-Gespräche abgeschlossen werden sollen, wichtige Aufgaben bevorstehen. Denn führende kosovo-albanische Politiker drohen, die Unabhängigkeit des Kosovo auch einseitig ausrufen zu wollen, sollte mit Belgrad keine Einigung erzielt werden.
Bei den Wahlen am Samstag kämpfen insgesamt 26 Parteien und Bündnisse um 120 Parlaments-Sitze. Nur wenige haben auch reale Chancen. Drei Parteien dominieren die politische Landschaft des Kosovo. Darunter sind zwei, die aus der Kosovo Befreiungsarmee (UCK) hervorgegangen sind sowie der Demokratische Bund des Kosovo (LDK), eine Partei, die in den 90er Jahren den gewaltfreien Widerstand gegen das Milosevic-Regime führte.
Guerilla-Vergangenheit erschwert Gespräche
Die LDK dominierte bis zum Ausbruch des Krieges das parallele albanische Schattenstaatssystem unter Führung des mittlerweile verstorbenen Präsidenten Ibrahim Rugova. Nun hat sie an Gewicht verloren und regiert in einer Koalition mit der größeren Allianz für die Zukunft des Kosovo (AAK), die auch den Premierminister Agim Ceku stellt.
Ebenso wie die oppositionelle Demokratische Partei des Kosovo (PDK) hat die AAK es aufgrund ihrer Guerilla -Vergangenheit schwer mit der serbischen Minderheit ins Gespräch zu kommen. "Die Regierung hat große Energie aufgewandt um den Minderheiten entgegen zu kommen", sagt AAk-Sprecher Avni Arifi. Mittlerweile sei in allen Institutionen mehr als jeder zehnte ein Minderheiten-Vertreter. Serbokroatisch sei als Amtssprache im ganzen Kosovo anerkannt und Türkisch in der Gemeinde Prizren so Arifi "Leider wird aber die serbische Minderheit sehr stark von Belgrad beeinflusst, und Belgrad versucht über die Minderheit eigene Interessen zu verfolgen."
Serbischer Wahl-Boykott durch Belgrad
Die größte serbische Partei, die Serbische Liste für Kosovo und Metohija von Oliver Ivanovic hatte sich zwar ursprünglich für die Wahlen registriert, jedoch mittlerweile ihre Kandidatur zurückgezogen. Ob auch die kleineren serbischen Parteien die Wahlen boykottieren werden, ist bis zuletzt unklar.
Ivanovic sagt, dass Belgrad den Ausschlag für die Entscheidung zum Wahlboykott gegeben habe: "Uns war klar, dass der einzige Weg, Kontakt zur albanischen Bevölkerung zu finden, über die Institutionen geht. Das heißt eine Teilnahme an den Wahlen", sagt Ivanovic. Allerdings gebe es gerade jetzt in Belgrad absolute Einigkeit gegen Wahlen. "Wir würden keine Unterstützung durch die Lokalbevölkerung haben."
Neue Parteien treten an
Aber auch neue Parteien sind auf der politischen Bühne erschienen. Sie machen den drei etablierten Konkurrenz: Zunächst kämpft der Demokratische Bund von Dardania LDD, eine Abspaltung von der LDK unter dem Vorsitzenden Nexhat Daci um das politische Erbe Ibrahim Rugovas, auch wenn es zwischen beiden Parteien im Kern keine wesentlichen programmatischen Unterschiede gibt.
Dann ist da der Verleger Veton Surroi, der die ORA (Stunde) gegründet hat und versucht diese als liberale Partei des Mittelstandes zu profilieren. Zuletzt ist Bexhet Pacolli in den Ring getreten, ein Kosovo-Albaner, der es in der Schweiz und in Russland als Geschäftsmann im Baugewerbe zum Multimillionär gebracht hat. Dessen Allianz für ein Neues Kosovo AKR versucht sich als fachlich kompetente Wirtschaftspartei zu behaupten.
Letzter internationaler Vermittlungsversuch
Am Dienstag (20.11.), wenn der Wahlausgang feststehen sollte, werden sich in Brüssel Vertreter der Belgrader Regierung und der Verhandlungsdelegation des Kosovo treffen. Dort wird eine Troika aus Diplomaten der EU, Russlands und der USA zum voraussichtlich letzten Mal versuchen, in der Frage des künftigen Status des Kosovo einen Kompromiss zwischen beiden Seiten zu vermitteln. Albanische Parteien sind sich in dieser Frage einig: Sie wünschen die Umsetzung des Planes von UN-Vermittler Martti Ahtisaari und damit eine durch die EU überwachte Unabhängigkeit.