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Stuttgart holt Welterbetitel für Deutschland

Frederike Müller17. Juli 2016

Die UNESCO hat zwei Häuser, die der Architekt Le Corbusier in Stuttgart schuf, in die Welterbeliste aufgenommen. Die 41. deutsche Welterbestätte ist Teil eines gemeinsamen Welterbes von sieben Ländern.

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Stuttgart Le Corbusier-Haus
Bild: picture-alliance/dpa/N. Försterling

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Unter Architekturfans sind sie längst kein Geheimtipp mehr: die beiden Le Corbusier-Wohnhäuser der Weissenhofsiedlung in Stuttgart. Während die anderen Siedlungshäuser bewohnt sind, ist 2002 im Doppelhaus von Le Corbusier ein Museum eingezogen. Es zeigt originalgetreu, wie der Architekt der Moderne das Wohnhaus 1927 gedacht hat. Im vergangenen Jahr zog die Ausstellung damit über 26.000 Besucher an. Elf Prozent mehr als 2014, das ebenfalls schon ein Rekordjahr war, so Museumsdirektorin Anja Krämer. Noch mehr Aufmerksamkeit für ihr Museum erhofft sie sich vom Welterbe-Titel: "Er ist eine Chance, neben Architekturfans auch Besucher zu gewinnen, die sich nur am Rande für Baugeschichte und Design der späten 1920er Jahre interessieren."

Vom Jugendstil zur "Wohnmaschine"

Für den Welterbe-Titel engagiert sich die Stadt Stuttgart zusammen mit der deutschen UNESCO-Kommission seit 2002. Le Corbusier und 16 namhafte Architektenkollegen wie Walter Gropius und Mies van der Rohe bauten auf dem Stuttgarter Killesberg Musterhäuser für ein modernes Leben. Das war 1927. Ihr Credo: Schluss mit Schnörkel, Erker und der Architektur des Jugendstils, her mit Luft, Licht und Funktionalität. Mit der Weissenhofsiedlung in Stuttgart gelang ihnen nicht weniger als die Neudefinition der Architektur der Moderne für Deutschland.

Ein Einfamilien- und das Doppelhaus von Le Corbusier sind Ikonen der Baugeschichte geworden. In Stuttgart setzte er erstmals seine fünf Punkte einer neuen Architektur durch, die ihn später zu einem der bedeutendsten Architekten der Internationalen Moderne machten: Es gibt industriell gefertigte Langfenster, statt massiver Mauern wählt er ein Gerippe aus Stahlbetonpfosten als tragende Konstruktion. Konsequent setzt er auf das Flachdach mit einer Dachterrasse als eigenständigem, begrünten Geschoss.

Eine Frau sitzt am Tisch im Weißenhofmuseum
Für das Museum rekonstruiert: das Innere des HausesBild: picture-allianc/dpa/N. Försterling

Im Inneren des Hauses ermöglichen Schiebetüren und einfach umzustellendes Mobiliar, den Lebensraum abwechselnd auf Tages- und Nachtfunktionen auszurichten. Das Heim als praktische, funktionale "Wohnmaschine", in Serie für die Massen herstellbar. Es war eine radikale Ästhetik, die hochfunktionelles Wohnen statt traditioneller Bürgerlichkeit wollte. "Die beiden Gebäude implizierten damit eine Lebensweise, die lebhafte Kontroversen hervorrief", so Herbert Medek, Leiter der kommunalen Denkmalschutzbehörde in Stuttgart.

Im dritten Anlauf zum Welterbe

Le Corbusier starb 1965. Le Corbusier war sein Künstlername, eigentlich hieß er Charles-Édouard Jeanneret-Gris. Der gebürtige Schweizer gilt heute als einer der einflussreichsten Architekten des 20. Jahrhunderts. Nicht nur in Deutschland, sondern auf vier Kontinenten stehen seine Bauten. Der UNESCO-Antrag Deutschlands ist daher Teil eines gemeinschaftlichen, internationalen Antrags. Er versammelt 17 Le Corbusier-Bauten aus Deutschland, Frankreich, Argentinien, Japan, Belgien, der Schweiz und Indien, die die UNESCO jetzt gemeinsam zum Welterbe erklärt hat.

Sie alle haben mit den Herausforderungen gekämpft, die diese Bewerbung mit sich brachte. Denn nach zwei zurückgewiesenen Versuchen 2009 und 2011 sind sie zum dritten Mal angetreten. Diesmal mit Erfolg. "Es geht um den außergewöhnlichen universellen Wert der Werke von Le Corbusier für die Architektur des 20. Jahrhunderts, der jetzt stark herausgestellt werden konnte", so Katja Römer, Sprecherin der deutschen UNESCO-Kommission.

Le Corbusier steht vor dem Stadtplan von Chandigarh
Le Corbusier war auch Städteplaner - er entwarf die indische Stadt ChandigarhBild: picture-alliance/dpa/AFP

Entscheidung des Welterbe-Komitees eine Zitterpartie

2016 sind die Antragsteller mit einer grundlegend überarbeiteten Nominierung ins Rennen gegangen: "Die 17 Stätten wurden ausgewählt, weil sie Architekturgeschichte über ein halbes Jahrhundert in einzigartiger Weise reflektieren", so Römer. Symbolisch stünden sie für einige der zentralen Konzepte moderner Architektur auf globaler Ebene. Als förderlich für den Erfolg ist auch die erstmalige Teilnahme Indiens angesehen worden - ein weiterer, außereuropäischer Staat, erklärt Medek von der Stuttgarter Denkmalschutzbehörde.

Der überarbeitete, internationale Gemeinschaftsantrag hat das UNESCO-Welterbe-Komitee nach langem Ringen endlich überzeugt. Und Deutschland darf sich mit der 41. Welterbestätte schmücken.

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