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Politik

Kommentar hat Konsequenzen

8. Juni 2020

Ein Gastkommentar zu den Anti-Rassismus-Protesten in den USA sorgte für viel Wirbel - und wurde nun James Bennet zum Verhängnis: Der einflussreiche Chef der Meinungsseite der "New York Times" verlässt die Zeitung.

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USA New York - New York Times Gebäude
Bild: picture-alliance/dpa/A. Schuler

In dem Gastkommentar mit der Überschrift "Send In The Troops" ("Schickt die Truppen rein") hatte der republikanische Senator Tom Cotton gefordert, das Militär gegen Protestierende in den USA einzusetzen. So schrieb er in der "New York Times" (NYT): "Vor allem eines wird die Ordnung auf unseren Straßen wieder herstellen: eine überwältigende Machtdemonstration, um Gesetzesbrecher zu vertreiben, festzunehmen und schließlich abzuschrecken." 

Cottons Meinungsbeitrag brachte die Zeitung, deren Ausrichtung als linksliberal gilt, in Erklärungsnöte. Auch zahlreiche Mitarbeiter des Verlags äußerten sich empört darüber, dass Cottons Kommentar in dem Blatt überhaupt erscheinen konnte. So schrieb etwa Pulitzer-Preisträgerin Nikole Hannah-Jones auf Twitter: "Als eine schwarze Frau, als eine Journalistin, als eine Amerikanerin schäme ich mich zutiefst dafür, dass wir das veröffentlicht haben."

Gegen die NYT-Standards

Ein "überstürzter redaktioneller Prozess" habe zur Publikation des Meinungsbeitrags geführt, rechtfertigte sich die Führung der "New York Times" schon am Donnerstag. Der "Send In The Troops"-Text entspreche nicht den Standards der Zeitung.

Daraus zog James Bennet, der Chef der NYT-Meinungsseite, nun die Konsequenzen - und kündigte seinen Job mit sofortiger Wirkung. Er habe den Gastkommentar vor Veröffentlichung nicht gelesen, hieß es. 

James Bennet | The New York Times
Reagierte auf die "Revolte" innerhalb der NYT: James BennetBild: picture-alliance/AP Photo/File/L. Neumeister

Zeitungsverleger A.G. Sulzberger erklärte, man sei Bennet für seine Leistung seit Mai 2016 "dankbar". Bis auf Weiteres werde die Journalistin Katie Kingsbury die Meinungsseite kommissarisch führen.

Seit fast zwei Wochen kommt es in vielen US-Städten zu Protesten gegen Polizeigewalt und Rassismus. Auslöser war der Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis Ende Mai. Die Proteste arteten zum Teil aus, es gab Ausschreitungen und Plünderungen.

wa/ack (dpa, NYT)