NGO: Ölfirma verschmutzt Wasser im Südsudan
18. Mai 2017Auf das Problem mit dem Trinkwasser stieß Klaus Stieglitz eher zufällig. "2007 hat uns ein Projektpartner darauf angesprochen, dass das Wasser schlecht schmeckt", erzählt er. Stieglitz und seine Kollegen von der Hilfsorganisation "Hoffnungszeichen" gingen der Sache im Südsudan nach. In der Nähe des Ölfelds Thar Jath im Bundesstaat Unity nahmen sie Wasserproben. Die Analyse zeigte, dass der Geschmack noch das geringste Problem war. Das Wasser aus einigen Brunnen hatte fast vier Mal höhere Salzwerte als erlaubt.
Nun hat "Hoffnungszeichen" in Berlin ein weiteres Gutachten vorgestellt. 96 Haarproben wurden dafür in vier Orten genommen. Der Berliner Toxikologe Fritz Prangst hat die Ergebnisse ausgewertet. Der Professor am Institut für Rechtsmedizin der Charité spricht von einer "Gefährdung der Bevölkerung". Proben aus Orten nahe des Ölfelds waren voller Blei und Barium. Spitzenreiter war der Ort Koch, 23 Kilometer vom Ölfeld entfernt. Hier war die Bleibelastung im Schnitt viermal höher als der Mittelwert. Im 220 Kilometer entfernten Rumbek waren die Belastungen dagegen niedriger.
Blei und Barium im Wasser
Die Dauerzufuhr der beiden Metalle kann dramatische Folgen haben: Blutarmut und Nierenversagen beispielsweise. Eine Bleivergiftung kann auch das Nervensystem angreifen. "Das kann schwerwiegende Symptome wie Intelligenzmangel, Lähmungserscheinungen und psychische Probleme auslösen", sagt Toxikologe Pragst. Die Haaranalysen beweisen jedoch nicht, dass die Menschen um das Ölfeld ständig beide Metalle aufnehmen. Dazu wären Blutanalysen notwendig, so Pragst.
Für ihn ist klar, wie die Schwermetalle ins Trinkwasser und dadurch zu den Menschen gekommen sind. "Es muss eigentlich ein Zusammenhang zu den Prozessen bestehen, die bei der Erdölerschließung und -förderung stattfinden", sagt Pragst. Beide Stoffe werden auch bei der Ölförderung eingesetzt. Die Hilfsorganisation "Hoffnungszeichen" hat Fotos vorgelegt, auf denen offene Gruben mit Bohrschlamm zu sehen sein sollen. Von dort könnten die Giftstoffe direkt ins Erdreich sickern - und damit ins Trinkwasser gelangen. "Verursacher ist aus unserer Sicht die Ölindustrie, die die Abfälle nicht in sachgerechter Weise entsorgt", sagt Klaus Stieglitz.
Welche Rolle spielt Daimler?
Das Ölfeld in Thar Jath wird von einem Firmenkonsortium betrieben. Hauptanteilseigner ist der malaysische Konzern Petronas. Eine DW-Anfrage an das Unternehmen blieb unbeantwortet. Mit Petronas und der südsudanesischen Regierung ist "Hoffnungszeichen" nach eigenen Angaben seit Jahren im Gespräch. Die Lage für die Bevölkerung habe sich aber nicht verbessert, sagt die Organisation.
Hoffnungen hatte Klaus Stiegler auch in Daimler gesetzt. Petronas sponsort das Formel-1-Team des Konzerns. 30 bis 40 Millionen Euro lässt sich das die Firma aus Malaysia laut Presseberichten kosten. 2015 trafen sich Vertreter von "Hoffnungszeichen" mit Daimler, der südsudanesischen Regierung und dem Ölkonsortium. Auch bei der letzten Daimler-Jahreshauptversammlung im März forderte eine Aktionärsvereinigung, die Zusammenarbeit mit Petronas zu beenden. Doch passiert ist nichts.
Man nehme die Vorwürfe gegen die Petronas-Beteiligungen sehr ernst, beteuert Daimler auf DW-Anfrage. "Petronas hat uns zugesichert, direkte Gespräche mit den Beteiligten und Verantwortlichen vor Ort zu führen, an der Aufklärung der Wirkungszusammenhänge und Verantwortlichkeiten mitzuarbeiten und gegebenenfalls erforderliche Schritte zur Verbesserung der Situation im Südsudan einzuleiten", so Daimler in einer schriftlichen Stellungnahme. Der Prozess werde aber nach Angaben von Petronas durch den Bürgerkrieg erschwert. Im letzten Jahr zog die Firma nach heftigen Kämpfen ihr Personal ab.
"Hoffnungszeichen" hat trotzdem klare Vorstellungen, wie sich Petronas im Fall Thar Jath verhalten soll. "Wir erwarten, dass Petronas Verantwortung für das übernimmt, was sie dort angerichtet haben", sagt Stieglitz. Er will, dass der Konzern die Menschen mit sauberem Trinkwasser versorgt. Auch medizinische Hilfe soll Petronas leisten.