Schlafenszeit Sonnenfinsternis
20. März 2015Dr. Lydia Kolter kümmert sich im Kölner Zoo um Bären und verschiedene Huftiere. Sie kann sich zwar an die letzte Sonnenfinsternis am 11. August 1999 über Deutschland erinnern, aber dass sich die Tiere irgendwie anders verhalten hätten, ist ihr nicht im Gedächtnis geblieben: "Es gibt ja auch ohne Sonnenfinsternis manchmal eine starke Verdunkelung, etwa kurz vor einem heftigen Gewitter", sagt die Zoologin gegenüber der Deutschen Welle. "Dann ziehen sich die Tiere in geschützte Bereiche zurück, weil sie erwarten, dass es dann regnet."
Ob die Tiere in Deutschland 1999 überhaupt merken konnten, dass es eine teilweise Sonnenfinsternis gab, ist übrigens auch aus einem anderen Grund unklar: An dem Tag war es ohnehin so stark bewölkt, dass die Helligkeitsunterschiede in der kurzen Verdunkelungsphase vielen größeren Zootieren kaum aufgefallen sein dürften. Einige Säugetiere sind da ohnehin recht stur: So zeigte eine Studie 2014, dass Luchse feste Mittagsschlaf-Gewohnheiten haben und sich durch veränderliche Lichtverhältnisse nicht beirren lassen.
Abenddämmerung oder Gewitterwolke?
Im Zentrum des Mondschattens kann das allerdings schon anders sein. Gerade kleinere Tiere reagieren sensibler: So berichten viele Menschen, die eine Sonnenfinsternis beobachtet haben, dass Bienen, Hummeln und Wespen sich in ihre Nester zurückziehen. Dafür kommen aber Mücken heraus - wie sonst eigentlich nur Abends.
Auch bei Vögeln lässt sich gut beobachten, dass ihr Tagesrhythmus durcheinander kommt. Forscher machen das unter anderem an spezifischen Gesängen fest. "Die Vögel verhalten sich in vielen Aspekten so, als ob es Abend würde. Und bei Wiederauftauchen der Sonne, als ob es Morgen wäre - natürlich jeweils im Zeitraffer", sagt Wolfgang Fiedler vom Max-Planck-Institut für Ornithologie in Radolfzell am Bodensee.
So haben Vogelforscher beobachtet, dass Vögel zu ihren Schlafplätzen fliegen. Nach den typischen Abendgesängen während der zunehmenden Verdunkelung trete dann für kurze Zeit Stille ein. Sobald es wieder heller wird, zwitschern die Vögel dann fröhlich los, wie bei einer Morgendämmerung. "Offensichtlich interpretieren Vögel die Lichtverhältnisse als Abenddämmerung, Nacht und Morgendämmerung. Erkennbaren Schaden nehmen sie dadurch aber nicht", sagt der Ornithologe.
Durch den kurzen Mittagsschlaf bekommen die Vögel also keinen Jetlag, sondern alles geht weiter wie zuvor. Auch der Jahresrythmus, der etwa den Gefiederwechsel oder den Vogelzug nach Norden oder Süden steuert, wird durch die kurze Unterbrechung nicht beeinflusst. Der innere Kalender der Tiere bleibt intakt.
Manche Nachtschwärmer gehen auf die Jagd
Und was tun nachtaktive Tiere, die ja eigentlich bei der Abenddämmerung zur Jagd aufbrechen müssten? Zumindest jene, die normalerweise ohnehin den Tag in dunklen Behausungen oder Höhlen verbringen, verschlafen die Sonnenfinsternis einfach. Ihre innere Uhr ist dafür einfach zu stark ausgeprägt. Das konnten Forscher anhand von Fledermäusen in Mexiko zeigen. Bei Eulen ist es vermutlich ähnlich, sagt Fiedler.
Aber Fledermausarten, die ihre Siesta tagsüber unter einem Blätterdach halten, reagieren dann doch auf die Sonnenfinsternis: Wie bei normaler Abenddämmerung begeben sie sich auf Nahrungssuche.
Und der Haushund - der sowieso die meiste Zeit des Tages auf dem Sofa verschläft? Der freut sich garantiert, wenn Herrchen und Frauchen sich während der Sonnenfinsternis aufraffen, um zur Beobachtung des Naturschauspieles nach draußen zu gehen - denn dann geht es endlich Gassi.