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Nicht ausgeschlossen, dass Tschuri auseinanderbricht

16. Februar 2015

Über die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Rosetta-Mission ein Gespräch mit Prof. Ralf Jaumann, Planetenforscher vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)

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Deutsche Welle:
Rosetta hat viele Erkenntnisse über den Kometen Tschurjumow-Gerassimenko - kurz Tschuri - geliefert. Welche hat Sie besonders überrascht?


Ralf Jaumann:
Wir waren alle sehr überrascht, dass wir dort Dünen finden. Denn dazu braucht man normalerweise eine Atmosphäre. Wir hätten nie gedacht, dass sich Material über die Oberfläche von Tschurjumow-Gerassimenko bewegen kann.

Haben Sie eine Theorie, warum das sein könnte?

Wir wissen, dass er ausgast. Wir wissen, dass die Partikel, die dabei austreten, auch über die Oberfläche geblasen werden. Aber dass dabei Dünen entstehen, war schon die ganz große Überraschung.

Man hat vermutet, dass auf diesem Kometen Wassereis zu finden ist. Man hat aber bislang noch nichts gefunden.

Wir sind ziemlich sicher, dass es im Inneren des Kometen Wassereis gibt. Denn es muss einen Prozess geben, der die Partikel bewegt, und das ist die Ausgasung: Sie sorgt dafür, dass wir diese Oberfläche sehen, dieses fluffige Material. Das Wassereis, als Gas, ist hier schon verschwunden. Es befindet sich zwar noch im Inneren, aber auf der Oberfläche bleibt davon anscheinend nichts übrig.



Was hoffen Sie denn noch zu finden, damit man später besser erklären kann, wie unser Sonnensystem entstanden ist?

Wir müssen erst einmal den Prozess verstehen, der auf dem Kometen abläuft. Wir sind der Meinung, dass dieses Material sehr alt ist. Das Wasser, die Staubpartikel und ihre chemische Zusammensetzung, stammen aus dem Ursprung des Sonnensystems, aus den ersten 100 Millionen Jahren.

Was glauben Sie, werden wir auf Tschuri Hinweise auf Leben finden?

Wir werden sicherlich Dinge finden, die für den Ursprung des Lebens Voraussetzung sind: Kohlenwasserstoffe, vielleicht sogar Aminosäuren. Ich glaube nicht, dass auf Kometen unter den Bedingungen, die dort herrschen, Leben entstehen konnte. Aber die Bausteine des Lebens könnten von dort stammen.

Die Sonde Rossetta wird den Kometen Tschuri auf seiner Reise Richtung Sonne noch eine ganze Weile lang begleiten. Was soll sie da noch entdecken?

Wir wollen erst mal sehen, was passiert, wenn der Komet nah an die Sonne kommt. Er verliert schon jetzt ziemlich viel Masse. Welche Prozesse dabei ablaufen, ist spannend. Wir beobachten ihn nicht nur auf dem Weg zur Sonne, sondern auch noch eine Zeit lang, wenn er sich wieder von der Sonne entfernt. Dann werden wir ziemlich gut verstehen können, wie solche kleinen Körper auf ihrem Weg um die Sonne funktionieren.

Sie sagen, Tschuri verliert an Masse. Warum ist das so?

Je näher er an die Sonne kommt, desto schneller verdampft das Wasser, das er in seinem Inneren hat.

Wird er an dem Hals durchbrechen?

Das ist eine spannende Frage. Sie beschäftigt alle. Es ist nicht sicher, dass es nicht passiert.



(Interview: Maria Grunwald)

12.02.2015 DW Projekt Zukunft Ralf Jaumann und Maria Grunwald
Bild: DW