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Nicht Baum, nicht Haus - grüne Visionen für unsere Städte

15. Juli 2009

Mit Gras bewachsene Knospen-Häuser, Fußgängerzonen mit Bächen und grünen Ufern und Häuser die aus Baumwurzeln bestehen. Das hört sich utopisch an – doch es ist machbar, sagt zumindest der Architekt Luc Schuiten.

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Zeichnung eines Hauses, dass aus einem Baumwurzelgeflecht besteht.
So könnte das (Baum-)Haus der Zukunft aussehenBild: Luc Schuiten

"Ich bin Architekt und Utopist", stellt Luc Schuiten sich vor. Der schlanke Visionär mit den langen weißen Haaren lebt und arbeitet in Brüssel. Wenn sie sich nicht verändert, hat die Stadt wie viele andere keine Zukunft, meint er. "Mit dieser Umweltverschmutzung, diesen katastrophalen Perspektiven kann man sich nicht gut fühlen", sagt der 65-Jährige. "Also versuche ich Alternativen vorzuschlagen."

Portrait von Luc Schuiten
Architekt und Utopist Luc SchuitenBild: Luc Schuiten

Zum ersten Mal sind die Entwürfe des eher unbekannten Architekten in einer großen Ausstellung in Brüssel zu sehen. Den Eingang zu "Vegetal City" bildet ein Gewölbe aus Ästen, die mit gelben Lämpchen verziert sind und im Takt mit einem Herzschlag aus dem Lautsprecher blinken. Dahinter warten Modelle und Zeichnungen von harmonischen, bunten, fast märchenhaften Städten und von Menschen, die es geschafft haben, ein Leben in Einklang mit der Natur zu führen. Runde, fließende Formen, die sich ineinander verweben sind Schuitens Markenzeichen.

Von Blättern inspiriert

Wenn er von seinen Visionen erzählt, leuchten Luc Schuitens blaue Augen. "Die 'Vertikalen Gärten' sind ein Projekt", erklärt er, "das die Wunden der Stadt vernarben lässt." Dabei möchte er Grünflächen anlegen, die über mehrere begehbare Wege und Plateaus an Häuserwänden empor wachsen. "Die Idee ist, die Vegetation hier als pflanzliche Skulpturen zu nutzen, die Poesie ausstrahlen. Sie sind ein Ort des Rückzugs, der Ruhe, der es uns erlaubt, das zu finden, was uns so sehr fehlt – die Natur."

Zeichnung von einem Garten, der eine Hochhauswand verkleidet.
Die "Vertikalen Gärten" hat Schuiten für Hochhäuser entworfenBild: Luc Schuiten

Bisher ist noch keine von Luc Schuitens Visionen umgesetzt worden. Obwohl viele davon machbar wären, sagt er – wenn sich nur jemand trauen würde. Für Privatleute baut er seit den 70er-Jahren Energie sparende Häuser aus ökologischen Materialien. Die Natur ist dabei seine Inspirationsquelle. "Nur die Natur ist nachhaltig und wenn wir lebende Materialien zum Bau unserer Häuser verwenden, schaffen wir automatisch eine Entwicklung mit derselben Nachhaltigkeit." "Archiboreszenz" nennt Luc Schuiten diese Verbindung von Architektur und Arboreszenz, also Baumwachstum.

Freude durch Fahren

Um für sich und seine Visionen Werbung zu machen, fährt der Architekt seit einigen Monaten mit einem dreirädrigen Elektromobil durch Brüssel, eine Mischung aus Liegefahrrad und Auto. Langsam lässt er das Gefährt vom Gehweg auf die Straße rollen. Gelenkt wird der Zweisitzer durch zwei Steuerknüppel. "Kein Lärm, keine Verschmutzung", sagt der schlanke 65-Jährige als ihm Fußgänger und Autofahrer amüsiert nachschauen und tritt in die Pedale. "Wenn ich weiter als 100 Kilometer fahren möchte, muss ich treten. Aber ich liebe das Treten. Das hält mich in Form. Ich kann Energie sparen und gleichzeitig das Auto fortbewegen. Und ich habe Freude daran."

Wenn es nach ihm ginge, würden künftig nur noch kleine, elektrisch betriebene Autos durch die Stadt fahren, die ihre Energie über eine Schiene im Boden beziehen. Für den Lastentransport gibt es spezielle Varianten mit Anhängern.

Luc Schuiten sitzt in seinem weißen, dreirädrigen Elektromobil.
Mit gutem Vorbild voran: Luc Schuiten in seinem Elektromobil.Bild: Luc Schuiten

Zuhause angekommen, stellt Schuiten das Elektromobil in die Garage einer Brüsseler Reihenhaussiedlung. Hinter der eleganten Altbaufassade, verbirgt sich eine Inneneinrichtung aus viel Holz – ganz in Schuitens geschwungenem Stil. Ein Fenster über zwei Etagen gibt den Blick auf den grünen Garten frei. Im anliegenden Atelier macht sich Schuiten wieder an die Arbeit. Zwischen hunderten ordentlich aufgereihten Büchern und sorgfältig beschrifteten Schubladen und Aktenordnern liegen seine Skizzenbücher immer bereit. Die Ideen kommen und gehen eben schnell, sagt Schuiten. Und aus einer kleinen Skizze kann ganz schnell eine große Vision für eine ganze Stadt werden.

Weitere Informationen zur Ausstellung:

Die Ausstellung "Vegal Cities" hat noch bis zum 30. August 2009 geöffnet. Besucher können jeweils von Dienstag bis Sonntag zwischen 10 und 17 Uhr die Werke von Schuiten anschauen.

Autorin: Nina Plonka
Redaktion: Mareike Röwekamp