"Nicht in der Tradition der Wehrmacht"
14. Mai 2017Im Zuge des Skandals um rechtsextreme Soldaten in der Bundeswehr will Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen auch Kasernen mit den Namen von Wehrmachtsoffizieren umbenennen lassen. "Ich finde, die Bundeswehr muss nach innen und außen klar signalisieren, dass sie nicht in der Tradition der Wehrmacht steht", betonte von der Leyen. Die Bundeswehr sollte ihre eigene 60-jährige Geschichte selbstbewusst stärker in den Vordergrund stellen, sagte die christdemokratische Ministerin der Zeitung "Bild am Sonntag". "Warum nicht auch in Kasernennamen? Die Debatte wird jetzt im Lichte der aktuellen Ereignisse neu geführt werden."
Mit Blick auf den Fall um den rechtsextremen und terrorverdächtigen Offizier Franco A. lässt von der Leyen derzeit alle Kasernen nach Wehrmachtsdevotionalien wie Stahlhelmen durchsuchen. Sie will auch ein neues Programm namens "Innere Führung heute" auflegen und den sogenannten Traditionserlass von 1982 überarbeiten. Dabei handelt es sich um ein umstrittenes Regelwerk, das seit mehr als 30 Jahren nicht mehr angetastet wurde. Es hält fest, wie die Bundeswehr mit ihren historischen Ursprüngen umgehen soll.
"Absurd und abwegig"
Im Rahmen der Durchsuchungsaktion wurde aus dem Flur eines Studentenwohnheims der Bundeswehr-Hochschule in Hamburg auch ein Bild des 2015 verstorbenen Altkanzlers Helmut Schmidt entfernt, das ihn in Wehrmachtsuniform zeigte. Der aus Hamburg kommende SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs nannte dies "absurd und abwegig". "Als hätte Schmidt irgendetwas mit rechtsradikalen Tendenzen zu tun. Da würde ich eigentlich geistige Trennschärfe erwarten", sagte Kahrs der "Welt am Sonntag".
Andere Sozialdemokraten warfen der Verteidigungsministerin vor, nicht entschieden genug gegen Rechtsextremisten in der Bundeswehr vorzugehen. "Es ist eine Anweisung der Ministerin nötig, dass Soldaten mit rechtsextremem Gedankengut grundsätzlich aus der Bundeswehr entlassen werden müssen", forderte der SPD-Verteidigungspolitiker Rainer Arnold. "Geldstrafen reichen hier nicht aus, weil sie an einer solchen Einstellung nichts ändern können", so Arnold.
Auch der Wehrbeauftragte des Bundestages, der SPD-Politiker Hans-Peter Bartels, kritisierte von der Leyens Kurs. "Viele Soldaten sind unglücklich über die Verteidigungsministerin wegen ihrer als unverhältnismäßig empfundenen Kritik an der Bundeswehr", sagte Bartels der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Sauer seien aber manche auch auf ihre Vorgesetzten, die der Ministerin nicht widersprochen hätten. Von der Leyen hatte der Bundeswehr im Fall Franco A. "Führungsschwäche auf verschiedenen Ebenen" und einen "falsch verstandenen Korpsgeist" bescheinigt.
wa/nin (dpa, afp)