Nicht jeder Taliban kann Aussteiger werden
29. Januar 2010Die Taliban in Afghanistan und Westpakistan bleiben sicherheitspolitisch eine der größten Herausforderungen für den Westen. Am Freitag (29.01.2010) haben Washington und London erstmals öffentlich Bedingungen für potenzielle Kandidaten des Taliban-Aussteigerprogrammes benannt. "Wir werden nicht mit den wirklich bösen Typen reden, weil die wirklich bösen Typen El Kaida und der Gewalt niemals entsagen werden", sagte US-Außenministerin Hillary Clinton in einem Interview mit dem US-Radiosender NPR. Für die Ministerin ist klar: Gespräche mit dem afghanischen Taliban-Anführer Mullah Omar oder ähnlichen radikalislamischen Aufständischen seien daher nicht vorstellbar.
Frauenrechte müssen geachtet werden
Ihr britischer Amtskollege David Miliband sprach sich am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos für strenge Vorgaben für das Wiedereingliederungsprogramm aus. Für Taliban-Mitglieder, die aussteigen wollten, müsse eine "rote Linie" gezogen werden, beschreibt er das geplante Vorgehen. Wichtig sei, dass sie alle Verbindungen zu El Kaida abbrechen müssen.
Außerdem möchte der Westen die potenziellen Taliban-Aussteiger auf ihre Verfassungstreue abklopfen. Um in das Programm aufgenommen zu werden, müssen die Aussteiger die afghanische Verfassung, die am Hindukusch sehr umstrittenen Frauenrechte eingeschlossen, achten. Der britische Außenminister forderte überdies alle Länder in Süd- und Zentralasien auf, zur Stabilisierung Afghanistans beizutragen. Anderenfalls werde das Land "seine Instabilität in die übrige Region exportieren".
Geheimverhandlungen der UN?
Unterdessen treiben nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters westliche Staaten Friedenverhandlungen mit den Taliban voran, um die Voraussetzungen für einen Abzug ihrer Truppen zu schaffen. Mit einer Antwort auf die Bemühungen ihrer Kriegsgegner um einen Ausgleich zögern die radikal-islamischen Aufständischen jedoch. In UN-Kreisen hieß es laut Reuters, es habe ein geheimes Treffen zur Vorbereitung von Verhandlungen gegeben. So soll sich Kai Eide, der UN-Sondergesandte für Afghanistan, mit Vertretern der Taliban in Dubai getroffen haben. Dies bestätigte eine mit der Angelegenheit vertraute Person der Nachrichtenagentur.
Eide wollte öffentlich weder bestätigen noch dementieren, ob es ein solches Treffen gegeben hat. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sagte, ihm sei nichts dergleichen bekannt. In der deutschen Bevölkerung schwindet der Glaube an ein gutes Ende für den Militäreinsatz in Afghanistan. Laut dem ZDF-Politbarometer vom Freitag erwarten 76 Prozent ein Misslingen der 2001 gestarteten Mission.
Heftige Kämpfe in der Provinz Helmand
Am Hindukusch gehen währenddessen die bewaffneten Kämpfe zwischen den westlichen Truppen und den Taliban-Kämpfern weiter. Bei Gefechten im Norden Afghanistans wurde ein deutscher Soldat schwer verletzt. Auch in der Hauptstadt der Provinz Helmand, Lashkar Gar, lieferten sich Sicherheitskräfte am Freitag heftige Kämpfe mit einem schwerbewaffneten Taliban-Kommando. Auf dem Dach eines Hotel-Rohbaus verschanzten sich mehrere Angreifer, die Sprengstoffwesten trugen. Sie wurden aus Kampfhubschraubern beschossen. Im Laufe des stundenlangen Gefechts wurden sieben Taliban getötet und vier Angehörige der afghanischen Armee verletzt.
Autor: Marcus Bölz (afp, rtr)
Redaktion: Dirk Eckert