Nicht nur Trainer, sondern Typ
30. Mai 2015Mitte April war es, als Klopp den Verein und die Fans in Dortmund mit der Nachricht seines Abschieds schockte. Einen Schritt, den er nach eigener Aussage ging, weil er das Gefühl hatte, nicht mehr der Richtige für den Club zu sein. Wie sehr der Verein nach den Erfolgen mit ihm verbunden ist zeigte sich auf der eilig einberufenen Pressekonferenz. Sie geriet zur hochemotionalen Angelegenheit. Drei gestandene Männer auf dem Podium waren den Tränen ganz nah, neben Klopp selbst auch BVB-Boss Hans-Joachim Watzke und Sportdirektor Michael Zorc. Und so betonte Watzke auch noch einmal das Verhältnis: "Wir haben eine ganz besondere Beziehung. Jürgen, du kannst dir sicher sein, dass dir der ewige Dank aller Borussen sicher ist."
Extreme Emotionen
In Dortmund wird er nicht nur als Fußballkenner geliebt, sondern auch als Typ, der sagt was er denkt und dabei auch manchmal über das Ziel hinaus schießt. Seine nicht immer fairen Poltereien und Scharmützel mit Reportern sind legendär. Auch gegenüber Schiedsrichtern und Offiziellen an der Seitenlinie zeigt er häufiger seine dunkle Seite: wilde Gesten, gefletschte Zähne, geballte Fäuste. Beinahe logisch, dass ihm andererseits auch in Sachen Jubel keiner was vormacht. Nach einem besonders ausgelassenen Freudensprint übers Feld erlitt er im DFB-Pokal Achtelfinale 2011 sogar einen Muskelfaserriss.
Klopp bringt Spielfreude, Drama und Erfolg
Hauptgrund für seine große Popularität sind aber natürlich die Gründe für ausgelassenen Jubel, die er den Schwarz-Gelben geliefert hat. Immer Vollgas, immer weiter – das hatte er bei seinem Amtsantritt 2008 versprochen. Und vor allem "gierig" bleiben und "hungrig". Die Jungs sollten unter Strom bleiben, erklärte er – auch nach der ersten Meisterschaft 2011. Und es gelang: 2012 holte er mit seinem Team das Double. Und im Jahr darauf scheiterte er nur knapp im Finale der Champions-League am FC Bayern München.
In der abgelaufenen Saison durchlebte Klopp die schwierigste Phase in seiner Zeit beim BVB: Das Team kann Klopps Vollgas-Philosophie nicht mehr umsetzen, erlaubt sich viele individuelle Fehler und stürzt in der Tabelle ab. Nach 18 Spieltagen sind die Dortmunder Letzter. Klopp wirkt in dieser Zeit einerseits angeschlagen und mitunter ratlos, nach außen trägt er aber das Mantra "wir kommen zurück" vor sich her. Und das funktioniert. In der Liga schaffte es die Mannschaft noch bis auf Rang sieben, der zur Europa-League-Qualifikation berechtigt. Beim letzten Heimspiel danken die treuen Fans auf der Südtribüne ihrem "Kloppo" mit einer überwältigenden Choreografie.
Kulttrainer nicht nur in Dortmund
Als Spieler war Jürgen Klopp nur Mittelmaß, kam nicht über die Zweite Liga mit dem FSV Mainz 05 hinaus. Über Nacht wurde er 2001 in Mainz vom Spieler zum Trainer befördert, rettete das Team vor dem Abstieg, führte die Mainzer nach einigen Rückschlägen in die Bundesliga (2004) und danach sogar – aufgrund der Fair-Play-Wertung – in den UEFA-Cup. Nach 18 Jahren als Spieler und Trainer in Mainz wechselte er nach Dortmund, auch damals ein Abschied mit vielen Tränen. Mit der Borussia schaffte Klopp nun auch bei einem der großen Vereine den Durchbruch: Im ersten Jahr verpasste er knapp die Qualifikation für die Europa League, die er im zweiten Jahr dann schaffte – und im dritten wurde er Meister. In seinem 100. Spiel für den BVB.
Modern ist sein Lehrstil, offensiv die Ausrichtung seiner Mannschaften, mitreißend seine wortgewandten Ansprachen. Unter ihm wurden gleich mehrere Spieler in die Nationalelf befördert: Unter anderem die Weltmeister Mats Hummels, Kevin Großkreutz und Mario Götze, denen er stets gepredigt hat: "Das Maximale abliefern und damit auch rausholen." Diese Herangehensweise birgt die Gefahr sich abzunutzen. Genau das mag ein Grund für Klopps Abschied aus Dortmund sein.
Denkmal in Dortmund
Geboren ist Klopp in Stuttgart, aufgewachsen in einer kleinen Gemeinde im Schwarzwald. Ein höchst bodenständiges Umfeld. Eben das mag ihm in Dortmund geholfen haben. Er wurde als 100-prozentiger Borusse ins Herz geschlossen und schon nach dem ersten Meistertitel ließ sich ein BVB-Fan sein Porträt auf den Rücken tätowieren.