Niederländischer Premier macht Schluss mit der Politik
10. Juli 2023"Wenn die neue Regierung nach der Wahl vereidigt ist, werde ich aus der Politik ausscheiden", teilte Mark Rutte vor dem Parlament in Den Haag mit. Er werde bei einer Neuwahl nicht mehr als Kandidat seiner rechtsliberalen Volkspartei für Freiheit und Demokratie VVD für eine fünfte Amtszeit zur Verfügung stehen. Rutte hat das Amt des Ministerpräsidenten in den Niederlanden seit 2010 inne.
Die bisherige Vier-Parteien-Koalition war am Freitagabend im Streit um die Migrationspolitik zerbrochen. Knackpunkt bei der Krisensitzung, die zum Bruch der Regierung führte, war eine Beschränkung des Familiennachzugs von Flüchtlingen, die sich bereits im Land aufhalten. Ruttes rechtsliberale Partei VVD hatte die Beschränkung gefordert. Anderen Parteien ging die Forderung zu weit.
Eine "persönliche Entscheidung"
Rutte erklärte seinen Rückzug zu Beginn einer Parlamentsdebatte über die Lage nach dem Bruch der Regierung und sagte, dass es sich um eine persönliche Entscheidung handele, die von der aktuellen Situation unabhängig sei. "Diese Debatte muss um unser Land gehen", sagte er vor dem Beginn der Sitzung, bei der unter anderem die Opposition einen Misstrauensantrag gegen den Premier hatte stellen wollen.
Das Datum einer Neuwahl steht noch nicht fest. Vermutlich findet diese im November statt. Erwartet wird, dass König Willem-Alexander den Wahltermin kurzfristig verkünden wird.
Politik des Stillstands
Bis dahin könnte Stillstand die Arbeit der amtierenden Regierung dominieren, wie viele befürchten. Neben der Migrationspolitik sorgen sich die Menschen in den Niederlanden auch um die Wohnungsnot, die Energiewende sowie die Klimapolitik. Einer der großen Konflikte ist die Zukunft der Landwirtschaft angesichts angekündigter Umweltauflagen.
Rutte ist einer der dienstältesten Regierungschefs der EU gewesen. Doch im eigenen Land ist er nach zahlreichen Affären längst nicht mehr unangefochten. Zuletzt wurde ihm vor allem von Anhängern seiner VVD vorgeworfen, den stramm rechten Kurs seiner Partei verlassen zu haben. Vor allem bei Klima- und Asylpolitik sei er eingeknickt, warf ihm auch sein großer Widersacher, der Rechtspopulist Geert Wilders vor. Viele Niederländer sahen Rutte indes lange als guten Krisenmanager, einen, der den Laden zusammenhält.
fab/sti (dpa, afp)