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Niedersachsen stellt Strafanzeige nach Razzia

29. Juli 2016

Plötzlich musste alles sehr schnell gehen. Die Polizeirazzia bei einem Islamverein in Hildesheim war vorgezogen worden, weil Salafisten möglicherweise gewarnt wurden. Das Innenministerium lässt das juristisch aufklären.

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Deutschland Razzia in DIK-Moschee in Hildesheim
Die Polizei beschlagnahmt Material des Vereins, der als Hot-Spot der Salafistenszene giltBild: picture alliance/dpa/J. Stratenschulte

Hat jemand Salafisten vor einer bevorstehenden Razzia gewarnt? Diesen Verdacht hat das niedersächsische Innenministerium. Die Behörde stellte Strafanzeige wegen Geheimnisverrats.

Am Mittwoch hatten Polizisten den Verein "Deutschsprachiger Islamkreis Hildesheim" (DIK) und mehrere Wohnungen seiner Vorstandsmitgliedern durchsucht. Innenminister Boris Pistorius sagte, die Einsätze seien übereilt angegangen worden - wegen eines am selben Tag erschienenen Medienberichts über die monatelang vorbereitete Aktion. Ursprünglich war der Schlag erst für Mitte August vorgesehen, heißt es aus dem Umfeld der Polizei.

Salafisten wurden offenbar "aufgescheucht"

Zusätzlich dürfte ein im Zusammenhang mit der Berichterstattung stehender Anruf bei dem Verein die Betroffenen aufgescheucht haben, mutmaßte der Minister. Der SPD-Politiker geht davon aus, dass "irgendjemand etwas durchgesteckt" hat.

Der DIK in Hildesheim ist nach Angaben des Innenministers ein bundesweiter Hot-Spot der radikalen Salafistenszene. Ziel ist ein Verbot des Moscheevereins. Den Sicherheitsbehörden lägen Erkenntnisse vor, wonach in dem Verein Muslime radikalisiert und zur Teilnahme am Dschihad motiviert würden. In Predigten, Seminaren und Vorträgen werde zum "Hass gegenüber Ungläubigen" aufgerufen. 24 Personen aus dem Umfeld des Vereins sollen nach Syrien und in den Irak gereist sein, teilte die Polizei in Göttingen mit. Nicht immer sei klar, ob sich die Verdächtigen dort islamistischen Bewegungen angeschlossen hätten.

Jede Menge Beweismaterial, aber keine Festnahmen

Bei der Razzia durchsuchte die Polizei am Mittwoch mit rund 400 Beamten die DIK-Moschee sowie acht Privatwohnungen. Dabei sammelten sie Beweismaterial. Sichergestellt wurden nach Angaben der Polizeidirektion unter anderem Computer, Handys, Speichermedien, und schriftliche Unterlagen. Die Beamten beschlagnahmten auch eine Luftpistole, eine Schreckschusswaffe und rund 25.000 Euro Bargeld. Ob die Verdächtigen aufgrund möglicher Vorwarnungen Beweismittel beiseite geschafft haben, ist unklar. Festgenommen wurde niemand.

Deutschland Razzia in Hildesheim
Die Razzia steht nach Angaben des Innenministers nicht in Zusammenhang mit der jüngsten AnschlagsserieBild: picture-alliance/dpa/C. Gossmann

Die Durchsuchungen haben nach Aussage des Ministers nichts mit der jüngsten Serie von Anschlägen in Deutschland zu tun. Die Ermittler hätten nicht befürchtet, dass dort Bomben gebaut werden. Vielmehr habe die Aktion dazu gedient, den Verdacht zu erhärten, "dass es sich um einen Verein handelt, der die verfassungsmäßige Ordnung infrage stellt, der zur Radikalisierung von Islamisten beiträgt und damit zu einer Gefährdung der Sicherheit in Deutschland". ´

In Niedersachsen gibt es dem Ende Mai vorgelegten Verfassungsschutzbericht 2015 zufolge mehr als 540 Salafisten.

pv/uh (dpa)