Noch 17 Endspiele vor der WM
22. Januar 2014Wenn man sich wenige Tage vor dem Start in die Rückrunde die Bundesliga-Tabelle anschaut, fallen sofort mehrere Zonen auf, in denen es noch spannend werden dürfte in den ausstehenden 17 Partien bis zum Saisonende. Bayer Leverkusen (37 Punkte), die Borussias aus Mönchengladbach (33) und Dortmund (32) sowie der VfL Wolfsburg (30) streiten sich um die Champions-League-Plätze. Und das oft angeführte "Momentum" haben in diesem Vierkampf offenbar ausgerechnet die Verfolger aus Wolfsburg auf ihrer Seite. Wobei man "Momentum" in diesem Fall auch mit "Kevin de Bruyne" gleichsetzen könnte. 22 Millionen Euro soll das belgische Toptalent die "Wölfe" gekostet haben. Bei dieser Summe konnte sogar die Werkself des Bayer-Konzerns nicht mithalten. Auch Borussia Dortmund hätte de Bruyne gerne gehabt, nun spielt er aber für den Volkswagen-Club in Wolfsburg.
"Wolfsburg kann um die Europapokalplätze mitspielen", sagte de Bruyne bei seiner Präsentation im VfL-Trikot. "Das ist auch mein Wunsch, im kommenden Jahr auf der europäischen Bühne zu spielen. Daher war Wolfsburg eine gute Wahl." Eine gute und bestimmt auch eine finanziell lukrative Wahl für den 22-Jährigen, der beim FC Chelsea im vergangenen halben Jahr fast nur auf der Bank saß. Ob de Bruyne im Kampf um die begehrten Champions-League-Plätze entscheidend sein wird, muss sich zeigen. Schlechter ist der VfL Wolfsburg durch ihn aber sicherlich nicht geworden.
Schalke nicht reif für die Königsklasse
Stichwort Champions-League-Plätze: Gab es da in den vergangenen Jahren nicht immer auch einen weiteren Verein, der sich regelmäßig für die Königsklasse qualifiziert hat? Richtig, der FC Schalke 04 war oft im Konzert der Großen dabei und ist es auch in dieser Saison noch. Im Achtelfinale bekommen es die Schalker mit Real Madrid und dem Weltfußballer Cristiano Ronaldo zu tun. Danach wird es aber wahrscheinlich eine Weile dauern, bis wieder die Champions-League-Hymne in der Schalker Arena ertönt. Eine erneute Qualifikation scheint außer Reichweite. Eher geht es für die "Königsblauen" darum, die Europa League zu erreichen. Ärgste Gegner hier: Aufsteiger Hertha BSC, der FC Augsburg und der FSV Mainz 05. Das klingt ganz anders als Real Madrid - arme Schalker!
Sorgen um den Bundesliga-Dino
Noch eine Etage tiefer als die Schalker findet sich vor der Rückrunde das Bundesliga-Urgestein, der Hamburger SV, wieder. Als 14. läuft der einzige Verein, der seit Gründung der Bundesliga im Jahr 1963 noch nie abgestiegen ist, seinen Ansprüchen weit hinterher. Der positive Effekt des Trainerwechsels von Thorsten Fink zu Bert van Marwijk in der Hinrunde verpuffte, die Mannschaft zeigte immer wieder, dass sie gedanklich noch nicht ganz im Abstiegskampf angekommen ist. Die Devise des Trainers lautet daher: "Das Wichtigste ist, dass man so viele Punkte holt, dass man ruhig atmen kann." Eine Trainerphrase van Marwijks, die seine Mannschaft in den verbleibenden 17 Partien mit Inhalt füllen muss.
Doch auch neben dem Platz kommt der Verein nicht zur Ruhe. Gerade wurde per Mitgliederentscheid beschlossen, die Ausgliederung der Profi-Fußballabteilung in eine Aktiengesellschaft vorzubereiten und sich so für mögliche Investoren zu öffnen. Das wäre zwar ein Schritt in die richtige Richtung, doch - und auch hier eine Phrase - was zählt, ist auf dem Platz. Und so könnte es sein, dass der HSV im Sommer zwar moderne Strukturen hat, aber zum ersten Mal in seiner Geschichte nur noch Zweitligist ist.
Vom Schicksal des Abstiegs ebenfalls bedroht sind die vier Vereine, die noch hinter dem HSV in der Bundesliga-Tabelle stehen: die Frankfurter Eintracht, der SC Freiburg, der 1. FC Nürnberg und Aufsteiger Eintracht Braunschweig. Die interessanteste Frage lautet hier aber nicht: Wer steigt am Ende ab? Sondern: Wann gewinnt Nürnberg das erste Spiel in dieser Saison? Hintergrund: FCN-Trainer Gertjan Verbeek lässt seit geraumer Zeit seinen Bart wachsen und will ihn sich erst wieder schneiden, wenn endlich der erste Sieg zu Buche steht. Das mag nicht besonders schön aussehen, die Entscheidung über Bart-ab oder Bart-dran in Nürnberg ist aber allemal spannender als der Kampf um die Deutsche Meisterschaft.
Alles für die WM!
Denn der ist ohnehin bereits so gut wie entschieden. Bayern München thront mit sieben Punkten Vorsprung über allem. Gewinnen die Münchener auch noch das Nachholspiel gegen den VfB Stuttgart am 29. Januar beträgt ihr Polster bereits zehn Zähler. Wer soll das noch aufholen? Der sonst so ehrgeizige Dortmunder Trainer Jürgen Klopp hat jedenfalls bereits resigniert. "Wenn ich mich jetzt hier hinsetzen und sagen würde: Wir schnappen uns die Bayern noch! Das ist ja Quatsch", lacht Klopp. "Wir haben große Ziele in der zweiten Saisonhälfte: Wenn wir im Sommer Zweiter geworden sind, hole ich mir einen Lastwagen, fahre bei mir durch den Garten und freue mich."
Während Klopp also am Führerschein der Klasse 2 arbeitet, sollte die Hauptaufgabe der Münchener Verantwortlichen sein, die zahlreichen deutschen Nationalspieler im eigenen Kader in der Rückrunde so schonend einzusetzen, dass sie unverletzt und bestens regeneriert zur WM nach Brasilien fahren können. Sonst wird das nie was, mit dem vierten Titel für Deutschland.
Womit wir auch schon beim absolut beherrschenden Thema der bevorstehenden Bundesliga-Rückrunde wären: der WM! In den kommenden Monaten wird es ständig um das Turnier in Brasilien gehen. Spielt ein Nationalspieler in der Liga schwach, wird es heißen: "Was bedeutet das für die WM?" Verletzt sich einer, wird man fragen: "Reicht es noch für die WM?" Spielt ein bisher noch nicht berücksichtigter Spieler plötzlich herausragend gut, wird die Frage kommen: "Wäre das nicht auch einer für die WM?"
Prominente Zugänge
WM, WM, WM… Aber die Liga profitiert auch von der bevorstehenden Weltmeisterschaft. Schließlich ist das Wichtigste vor einer WM die Spielpraxis. Und so spült der Wunsch nach mehr Einsatzzeit solche Spieler in die Bundesliga, die woanders auf der Bank schmachten und ihre Chancen auf die WM schwinden sehen. Kevin de Bruyne ist nur ein Beispiel. Der Niederländer Ola John (von Benfica Lissabon zum Hamburger SV) und der Südkoreaner Dong-Won Ji (von AFC Sunderland zum FC Augsburg) zwei weitere. Bis zum Ende der Transferperiode am 31. Januar könnten andere Spieler folgen, die mit ihrer Klasse die Liga bereichern.
Dass in diesem Zuge auch Schwedens Superstar Zlatan Ibrahimovic den Weg in die Bundesliga findet, ist dagegen eher unwahrscheinlich. Zwar hatte der Torjäger von Paris Saint Germain bei der Wahl zum Weltfußballer des Jahres noch bei BVB-Coach Klopp nachgefragt, wann er denn endlich von den Dortmundern verpflichtet werde und dass er notfalls auch bereit sei, gratis für die Schwarz-Gelben aufzulaufen, aber leider war das nur ein Scherz. Und für die WM empfehlen könnte sich Ibrahimovic in Dortmund schließlich auch nicht. Schweden ist ja gar nicht qualifiziert.