Nochmal wieder von vorn in Sachen Brexit?
15. September 2020Zur Abstimmung stand ein neues Binnenmarktgesetz, das den im Januar mit der EU geschlossenen Brexit-Vertrag einseitig ändern würde. Indem sie die Gesetzesvorlage billigten, machten die Abgeordneten den Weg für viertägige intensive Parlamentsberatungen in dieser und der kommenden Woche frei. In der Debatte vor der ersten Abstimmung hatte Johnson der EU vorgeworfen, die territoriale Integrität des Vereinigten Königreichs zu gefährden. Deshalb sei seine Regierung zum Handeln und damit zu dem neuen Gesetz gezwungen.
Vieles wäre nicht mehr gültig
Die neuen Pläne, die die britische Regierung vor einigen Tagen überraschend angekündigt hatte, würden mehrere Schlüsselregelungen im Brexit-Vertrag zu Nordirland einseitig aushebeln. Dabei geht es um die Aussetzung von Zollregelungen im Warenhandel für die britische Provinz und von Vorgaben zu Staatsbeihilfen für britische Unternehmen.
Die EU sieht darin einen klaren Verstoß gegen das Brexit-Abkommen, sie reagierte mit Empörung. Selbst die britische Regierung räumte einen internationalen Rechtsbruch ein, bezeichnete diesen Bruch mit bestehenden Abkommen aber als nur "sehr spezifisch und begrenzt". Johnson betonte zudem, ein Aufbohren des Brexit-Vetrages sei einfach nötig. Man brauche ein "Sicherheitsnetz", um die Beziehung zwischen Nordirland und dem Rest Großbritanniens zu schützen.
Ausgang ungewiss
Mit dieser Argumentation stieß Johnson allerdings auch in den Reihen seiner eigenen konservativen Partei auf massiven Widerstand: Viele Tories, darunter auch Brexit-Befürworter, wollen den geplanten Rechtsbruch nicht mittragen. Sie forderten vor Beginn der Parlamentsberatungen eine Rücknahme des Gesetzentwurfs. Unter den Johnson-Gegnern sind auch konservative Ex-Premierminister wie
David Cameron und John Major. Sie befürchten, der Bruch könnte das internationale Vertrauen in Großbritannien erschüttern und den ohnehin fragilen Frieden in Nordirland gefährden. Der Ausgang der nun anstehenden weiteren parlamentarischen Beratungen in Sachen Brexit gilt deshalb als ungewiss.
haz/ust (afp,dpa, rtr)