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Noebels: "Es war ein Wintermärchen!"

Desmond Squire
1. März 2018

Der Erfolg bei den Olympischen Spielen war ein unvergessliches Erlebnis für das deutsche Eishockey. Nationalspieler Marcel Noebels spricht im DW-Interview über das historische Endspiel und den neuen Eishockey-Hype.

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Deutsches Olympia-Team Marcel Noebels Eishockey
Bild: picture-alliance/HMB Media/H. Becker

Verflixte 55 Sekunden trennten die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft in Pyeongchang von der Goldmedaille. Beim Endspiel gegen die Olympischen Athleten aus Russland (OAR) lagen die Deutschen mit 3:2 in Führung, ehe ein später Ausgleich und anschließend ein Overtime-Goal der Russen den Traum von Gold zunichte machte. Nichtsdestotrotz ging man nicht als Verlierer, sondern als Olympiasieger der Herzen vom Eis. Der 25-jährige Marcel Noebels blickt stolz auf einen unglaublichen Turnierverlauf zurück.

DW: Marcel Noebels, ist Ihnen mittlerweile bewusst, was Sie und das Team für das deutsche Eishockey erreicht haben?

Marcel Noebels: Nicht so richtig. Ich denke, dass es immer noch unvorstellbar ist, was passiert ist. Es gibt so viele Gedanken, die einem in den Kopf schießen, egal um welche Uhrzeit. Aber langsam versucht man runter zu kommen, einiges sacken zu lassen und wahrzunehmen. Was passiert ist, war sensationell und unglaublich. Nun sitzt man hier mit einer Silbermedaille um den Hals!

Die Leistungen des Teams haben einen Eishockey-Hype in Deutschland ausgelöst. Was hat man davon in Südkorea mitbekommen, und hat es Sie und Ihre Mannschaftskameraden beflügelt?

Pyeongchang 2018 Olympische Winterspiele Eishockey Olympische Winterspiele Trainer Marco Sturm
Starke Einheit: Bundestrainer Sturm und sein TeamBild: Reuters/B. Snyder

Ich muss sagen, dass wir nicht so viel von dem, was sich in Deutschland abgespielt hat, mitbekommen haben. Aber wenn man erfährt, was in den sozialen Medien gepostet wurde, wie Zeitungen und TV über uns berichtet haben, ist das schon beeindruckend. Allein die Tatsache, dass knapp sechs Millionen Fans das Endspiel vor dem Fernseher verfolgt haben, haben wir natürlich nachher herausgefunden. Ja, es war ein Wintermärchen.

Im Verlauf des Turniers musste Deutschland gegen einige der besten Teams der Welt antreten: Finnland, Schweden, Kanada und Russland. Was hat Deutschland so gefährlich gemacht, und welche Rolle spielte der Mannschaftsgeist?

Ich glaube, wir haben einfach ins Turnier gefunden. Nach einen 2:5-Niederlage gegen Finnland wussten wir, dass es so nicht weiter gehen könnte. Wir sind als Team zusammengerückt und haben einen Weg gefunden, besser als Einheit zu spielen. Wir hatten Super-Jungs im Team, es hat riesigen Spaß gemacht. Wir hatten ein gutes Training und viele Chancen, Teambuilding zu betreiben. Wir sind geschlossen aufgetreten, und diese Tugend hat uns sicherlich enorm geholfen.

Zum Finale: Weniger als eine Minute fehlte zum Olympiasieg. Wie erlebt man solch ein Wechselbad der Emotionen?

Kurz vor Schluss hatte man im Hinterkopf den Gedanken, dass wir vielleicht Gold gewinnen könnten. Aber wir wussten, dass wir mit Russland einen brandgefährlichen Gegner auf dem Eis hatten. Die sind in der Lage, solche Spiele innerhalb von Sekunden zu drehen. Das haben wir leider selbst erfahren. Wenn man so nah dran ist, und die Goldmedaille schon halb sieht, und man dann kurz vor Ende ein Gegentor kassiert, ist das natürlich bitter.

Olympische Winterspiele 2018 in PyeongChang7 Eishockey Finale OAR - GER
Größter Erfolg und schwerste Enttäuschung - Marcel Noebels (r.) muss die Niederlage im Finale erstmal verarbeitenBild: picture-alliance/SvenSimon/A. Waelischmiller

Mich hat es sehr getroffen. Ich glaube, man hat das auch sehen können. Es sind viele Emotionen dabei, aber im Endeffekt ist man unglaublich stolz auf das, was man erreicht hat.

Was bringt das Wintermärchen nun für das deutsche Eishockey?

Ich hoffe, dass diese sensationelle Leistung weitergeführt wird, dass es nicht verpufft. Hoffentlich haben viele Kinder oder deren Eltern die Spielen verfolgt und wollen jetzt auch Eishockey spielen. Das muss unser Ziel sein. Die gegenwärtige öffentliche Wahrnehmung tut dem Sport gut. Aber wenn sich mehr Kids für Eishockey interessieren, werden wir hoffentlich auf das nächste Wintermärchen nicht ewig warten müssen.

Marcel Noebels, geboren 1992, ist Stürmer beim deutschen Eishockey-Rekordmeister Eisbären Berlin. Er wurde 2011 vom NHL-Team Philadelphia Flyers gedraftet. Seit seinem Debüt für die Nationalmannschaft im Jahr 2011 hat der gebürtige Krefelder 53 Länderspiele bestritten.