Nordmazedonien nimmt Hürde auf Weg in die EU
16. Juli 2022Das Parlament in Skopje billigte ein Abkommen mit Bulgarien unter anderem zur Anerkennung der bulgarischen Minderheit in Nordmazedonien. Dies nährt Hoffnungen der EU-Kommission, dass damit der Weg frei werde für den Beginn der Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien und mit Albanien, den Bulgarien bisher durch ein Veto blockiert hatte. Die Anträge Albaniens und Nordmazedoniens werden von der EU-Kommission gemeinsam behandelt.
Das bulgarische Parlament hatte seine Regierung bereits ermächtigt, der von Frankreich vorgeschlagenen Vereinbarung zuzustimmen. Jedoch hat Bulgarien derzeit nach einem Misstrauensvotum im Parlament nur eine kommissarisch amtierende Regierung. Ob diese oder eine mögliche Nachfolgeregierung sich an die Parlamentsentscheidung hält, ist offen.
Wie in Bulgarien fiel die auch in Nordmazedonien die Entscheidung gegen erbitterten Widerstand der Opposition. In Skopje stimmten 68 der 120 Abgeordneten für das Abkommen, das eine Verfassungsänderung vorsieht. Abgeordnete der Opposition hatten vor der Abstimmung den Saal verlassen. Zuvor zeigten sie während mehrerer Debatten Protestplakate - auch während des Besuchs von EU-Kommisionspräsidentin Ursula von der Leyen am Donnerstag - oder störten mit Tröten. Seit Tagen gibt es in Nordmazedonien Proteste gegen den Vorschlag, die teils gewalttätig wurden.
Internationale Anerkennung für die Abstimmung
Nach dem Votum gingen Glückwünsche von der EU-Kommissionspräsidentin und dem Präsidenten des Europäischen Rats, Charles Michel, ein. "Dies war eine historische Chance", schrieb von der Leyen. "Dies ist ein großer Schritt auf Ihrem Weg in eine europäische Zukunft." Michel fügte hinzu: "Unsere Zukunft ist vereint, und wir heißen Sie mit offenen Armen willkommen."
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) begrüßte die Entscheidung per Twitter: "Wir wollen, dass Ihr Mitglieder der Europäischen Union werdet und begleiten Euch auf diesem Weg." US-Außenminister Antony Blinken bezeichnete das Ergebnis als "entscheidenden Moment für Europa".
Der Ministerpräsident des mit betroffenen Albaniens, Edi Rama, reagierte erfreut auf die Entscheidung in Skopje. "Für Verhandlungen über die Mitgliedschaft Albaniens in der Europäischen Union gibt es keine Hindernisse mehr", schrieb er bei Facebook. "Albaniens absurde Geiselhaft ist vorbei."
Nordmazedonien, das 2020 der NATO beitrat, ist bereits seit 17 Jahren EU-Beitrittskandidat. Widerstand gegen eine Aufnahme kam unter anderem von den Nachbarstaaten Bulgarien und Griechenland. Während Bulgarien und Nordmazedonien in Nationalitäten- und Sprachfragen überkreuz lagen, beanspruchte Griechenland den Namen Mazedonien allein für seine gleichnamige Region und setzte schließlich eine Änderung des Staatsnamens durch.
ust/jj (dpa, rtr, ap)