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Notenbanker in der Kritik

Angela Göpfert14. August 2007

Sie sind die Feuerwehrmänner der Finanzmärkte und in Krisenzeiten wie diesen stark gefragt. Ihrer Verantwortung wurden die Chefs der Notenbanken in der Vergangenheit allerdings nicht immer gerecht, bemängeln Experten.

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Wenn sie kommen, regnet es manchmal sogar Geld: Notenbanken sorgen für Liquidität
Wenn sie kommen, regnet es manchmal sogar Geld: Notenbanken sorgen LiquiditätBild: BilderBox

Mehr als 300 Milliarden Dollar. Diese immense Summe haben die Notenbanken weltweit seit vergangener Woche den Finanzmärkten an Liquidität zur Verfügung gestellt - soviel wie nie seit dem 11. September 2001. Damit wurden die Notenbanker zwar ihrer Rolle als Feuerwehrmänner, die die Finanzmärkten zur Not auch kurzfristig mit ausreichend Liquidität versorgen, gerecht. Doch die erneute Intervention der EZB am Montag (13.8.07) wird von Händlern mit gemischten Gefühlen gesehen; sie erkennen darin erste Indizien für eine echte Krise.

Allerdings ist die Dosis der milliardenschweren Geldspritzen beständig gesunken: Am vergangenen Donnerstag hatte die Europäische Zentralbank (EZB) 95 Milliarden Euro an Barmitteln in den Markt gepumpt, am Freitag weitere 61 Milliarden und am Montag schließlich "nur" noch 47,6 Milliarden Euro. Dies spreche für eine langsame Beruhigung der Finanzmärkte, glaubt DekaBank-Chefvolkswirt Ulrich Kater. Im Gespräch mit DW-WORLD.DE unterstreicht er die Verantwortung der Notenbanken in dieser Krise: "Wenn es eine höhere Nachfrage nach Liquidität gibt, als der Markt sie befriedigen kann, dann ist es die ganz natürliche Aufgabe der Notenbanken, diese Liquidität bereit zu stellen."

"Kollateralschäden der US-Zinspolitik"

Alan Greenspan
Waren die Lobeslieder auf ihn verfrüht? Alan GreenspanBild: AP

Doch so lobenswert und "natürlich" das jetzige Engagement der Notenbanker auch sein mag, Zweifel an ihrer Rolle in der Vergangenheit sind durchaus angebracht: Haben die Feuerwehrmänner Bernanke, Trichet und wie sie alle heißen mögen, das Feuer, das sie jetzt zu löschen versuchen, wenn auch vielleicht nicht selbst gelegt, so aber doch die Voraussetzungen dafür geschaffen? Vor allem gegen Ben Bernankes Vorgänger an der Spitze der US-amerikanischen Notenbank Federal Reserve (Fed), Alan Greenspan, richten Marktbeobachter heftige Vorwürfe: Der 81-Jährige, der sich seinen Platz als "Zinspapst" und "Finanzmagier" in Geschichtsbüchern längst sicher glaubte, habe mit seiner zu laschen Zinspolitik die Krise an den Finanzmärkten mit ausgelöst.

"Wir sehen jetzt verstärkt die Kollateralschäden dieser Zinspolitik: Die Risikowahrnehmung der Marktteilnehmer wurde durch die Medizin der Niedrigzinsen zu sehr betäubt", betont auch DekaBank-Chefökonom Kater und warnt: Man dürfe das Gefahrpotenzial, das von zu niedrigen Zinsen für die Kreditvergabe ausgeht, nicht unterschätzen.

Wer auf Greenspan vertraute, war schlecht beraten

Besonders schlimm dran sind dabei diejenigen Kreditnehmer, die Greenspans Rat gefolgt sind und das Risiko variabel verzinslicher Hypothekenkredite auf sich nahmen. Millionen Amerikaner, selbst solche mit schlechtem Kredit-Rating, bekamen von den Banken und anderen Geldgebern diese teilweise hochriskanten Hypothekenkredite zu anfänglichen Sonderkonditionen aufgedrängt. "Aber hat Greenspan wirklich erwartet, dass die Zinssätze ständig auf einem Niveau von einem Prozent bleiben - einem negativen realen Zinssatz?", polemisiert Joseph Stiglitz, Nobelpreisträger für Ökonomie, in der Wiener Tageszeitung "Der Standard".

Seine Kritik trifft Greenspan zu Recht: Bei Hypothekenkrediten mit einem Gesamtvolumen von einer Billion Dollar stehen bis Ende 2008 teilweise starke Zinserhöhungen an. Das bedeutet: noch mehr Häuslebauer, die sich die monatlichen Hypothekenbelastungen nicht mehr leisten können, noch mehr Banken, Hedge- und Investmentfonds, die auf Milliarden unverkäuflicher Wertpapiere sitzen bleiben, die mit zweitklassigen Hypothekenkrediten abgesichert sind, noch weniger Vertrauen unter den Teilnehmern an den Finanzmärkten und noch mehr Liquiditätsengpässe.

Es gibt immer was zu tun

Eine längere Verschnaufpause ist für die Notenbanker so aller Voraussicht nach nicht drin. Zumal aus Fernost neuer Ungemach in Form so genannter Carry Trades droht. Dabei nutzen Investoren die weltweiten Zinsdifferenzen, um sich in niedrig verzinsten Währungen wie dem japanischen Yen zu verschulden und die Mittel in höher verzinslichen Vermögenswerten anzulegen. Sollte die Bank of Japan nun wie geplant demnächst an der Zinsschraube drehen, so müssten viele Investoren ihre Yen-Carry-Trades auflösen, was den Märkten massiv Liquidität entziehen würde. Spätestens dann dürfte der Ruf nach den Feuerwehrmännern im Anzug und ihren Geldspritzen wieder lauter werden.