Notstand, Katastrophenfall, Ausgangssperre
20. März 2020Weltweit ergreifen Staaten Maßnahmen, um die Ausbreitung des Corona-Virus zu unterbinden oder zumindest zu verlangsamen. Rechtlich gesehen gibt es dabei durchaus Unterschiede. In China wurde - juristisch gesehen - kein landesweiter Notstand ausgerufen, sondern es wurden eine Reihe regionaler Maßnahmen erlassen. In Italien wurde der Notstand ausgerufen, zunächst regional im Norden des Landes, später für die gesamte Republik.
Spanien hat ebenfalls den Notstand ausgerufen, genauso wie die USA. Dort hat Präsident Donald Trump am 13. März den nationalen Notstand erklärt und damit finanzielle Hilfen möglich gemacht. Weitere Befugnisse liegen bei den Bundesstaaten, die auch im Alleingang Maßnahmen erlassen und die Bewegungsfreiheit ihrer Bürger einschränken können.
Was gilt in Deutschland?
In der Bundesrepublik sind es die 16 Bundesländer, die im Notfall gefragt sind. Rein rechtlich sind sie an erster Stelle dafür zuständig, die Bürger vor Gefahren und Unglücken zu beschützen. Deshalb ist die Bundesregierung auch ständig mit den Ministerpräsidenten der Länder im Gespräch, wie die Ausbreitung des Corona-Virus bekämpft werden kann.
Ausrufung des Katastrophenfalls
Um eine Notlage effektiv zu bewältigen, können die Bundesländer den Katastrophenfall ausrufen. Jedes Bundesland hat sein eigenes Katastrophenschutzgesetz. Sie unterscheiden sich aber nur marginal. Ziel der Gesetze ist es, Abläufe abweichend vom normalen Leben so zu organisieren, dass Behörden und Einsatzkräfte wie die Feuerwehr, das Rote Kreuz oder das Technische Hilfswerk möglichst koordiniert und effektiv arbeiten können.
Im Katastrophenfall können auch Grundrechte eingeschränkt werden. Dazu gehören die in Artikel 2 des Grundgesetzes garantierte Freiheit der Person und die in Artikel 13 garantierte Unverletzlichkeit der Wohnung.
Infektionsschutzgesetz
Weitreichender sind die Bestimmungen des seit 2001 geltenden Infektionsschutzgesetzes. Es ist ein Bundesgesetz, das aber ausdrücklich auf die Zusammenarbeit aller staatlichen Stellen setzt. Auch die Bundesländer können sich also darauf berufen.
Das Gesetz rechtfertigt Quarantäne, Ausgangsbeschränkungen, aber auch vollständige Ausgangssperren, um Infektionskrankheiten zu bekämpfen. Im Fall einer Ausgangssperre ist das Verlassen des Hauses oder der Wohnung verboten. Ausnahmen gelten etwa für Arztbesuche, Einkäufe oder die Betreuung Hilfsbedürftiger.
Ausgangsbeschränkungen sind weniger drastisch. In diesem Fall kann klar definiert und angeordnet werden, was konkret verboten, aber auch, was weiterhin erlaubt ist. Beispielsweise Spaziergänge allein oder mit Familienmitgliedern, die in einer Wohnung zusammenleben. So ist es möglich, die sozialen Kontakte zwar weitgehend einzuschränken, den für die Gesundheit wichtigen Aufenthalt im Freien aber nicht unnötig zu verbieten.
Notstandsgesetze
Wenn auch die Bundesländer im Moment besonders gefordert sind, so stehen doch auch dem Bund im Krisenfall rechtliche Maßnahmen zur Verfügung. Auf der Grundlage der 1968 erlassenen Notstandsgesetze könnte die Bundesregierung den Notstand ausrufen. Das hat sie noch nie getan. Die Gesetze würden die Bundesregierung ermächtigen, den Landesregierungen Weisungen zu erteilen, Bundespolizei und Bundeswehr auch im Inland einzusetzen sowie die Grundrechte einzuschränken.
Das gilt für das Recht, sich frei zu bewegen, aber auch beispielsweise für das Briefgeheimnis. Erlassen wurden die Notstandsgesetze unter dem Eindruck des Kalten Krieges, aber auch, weil dadurch die Besatzungsrechte der Alliierten ersetzt werden konnten. Damals gab es erheblichen Widerstand aus den Reihen der Studentenbewegung und der Gewerkschaften. Auch weil die Nationalsozialisten zu Beginn der 30er Jahre die damaligen Notstandsgesetze missbraucht hatten, um die Macht an sich zu reißen.