NPD-Verbotsverfahren rückt näher
6. Dezember 2012Die Bundesregierung will im ersten Quartal 2013 entscheiden, ob sie sich einem Verbotsverfahren gegen die rechtsextreme Nationaldemokratische Partei Deutschland (NPD) anschließen wird. Das kündigte Bundeskanzlerin Angela Merkel, CDU, nach einem Treffen mit den Ministerpräsidenten in Berlin an.
Zuvor hatten sich die 16 Regierungschefs einstimmig dafür ausgesprochen. Damit setze man ein "eindeutiges Signal gegen den Rechtsextremismus", sagte die Regierungschefin Thüringens, Christine Lieberknecht. Die Länderkammer soll auf ihrer letzten Sitzung in diesem Jahr am 14. Dezember über den Verbotsantrag abstimmen.
Merkel begründete das Zögern der Bundesregierung damit, dass es "rechtliche Risiken" gebe. Das von Bund und Ländern zusammengetragene Material, das die Verfassungswidrigkeit der NPD beweisen soll, bezeichnete die Kanzlerin als "eindrucksvolle Faktensammlung". Unabhängig von der möglichen Einleitung eines Verbotsverfahrens und seines Ausgangs sei der Kampf gegen den Rechtsextremismus eine "gemeinsame Aufgabe für unsere gesamte Gesellschaft", betonte die Christdemokratin.
Bereits am Mittwoch hatten die Innenminister von Bund und Ländern in Warnemünde ein zweites NPD-Verbotsverfahren empfohlen. Das erste scheiterte 2003 vor dem Bundesverfassungsgericht, weil das vorgelegte Beweismaterial von zahlreichen Informanten des Verfassungsschutzes stammte, die zugleich hochrangige Funktionen in der NPD bekleideten.
Trotz der einmütigen Entscheidung für einen weiteren Anlauf hegen Hessen und das Saarland Zweifel, ob alle juristischen Hürden übersprungen werden können. Ihre Bedenken haben die Ministerpräsidenten der beiden Länder in einer Protokollnotiz festgehalten. Sie folgten damit der Einschätzung ihrer Innenminister. Für riskant halten sie vor allem eine mögliche Klage der NPD vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Diesen Schritt hat die rechtsextreme Partei für den Fall angekündigt, dass sie in Deutschland für verfassungswidrig erklärt werden sollte. Die Straßburger Richter halten ein Parteiverbot für das äußerste Mittel, die ultima ratio. Dass die NPD vom EGMR in Straßburg erfolgreich sein könnte, ist also keine ganz unbegründete Hoffnung.
Bundestag soll Material erhalten
Neben Bundesrat und Bundesregierung könnte auch der Bundestag ein NPD-Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht beantragen. Zahlreiche Abgeordnete beklagten in den vergangenen Tagen, das gegen die NPD gesammelte Material noch nicht zu kennen. Das soll sich schon bald ändern. Kanzlerin Merkel kündigte an, dem Parlament würden die rund 1000 Seiten zugeleitet werden. Für die Einleitung eines Verbotsverfahrens reicht letztlich der Antrag eines Verfassungsorgans. Diese Voraussetzung ist mit dem heutigen Votum der Ministerpräsidenten so gut wie erfüllt. Allerdings wünschen sich die Befürworter eines NPD-Verbots, dass es von allen drei antragsberechtigten Verfassungsorganen auf den Weg gebracht wird. Beim 2003 gescheiterten ersten Versuch war das Fall gewesen.