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Politik

NSA-Ausschuss endet mit Eklat

28. Juni 2017

Gemeinsam sollten die Bundestagsfraktionen den von Edward Snowden aufgedeckten transatlantischen Spionage-Skandal aufklären. Das klappte eher selten - weil die einen zu viel wollten und die anderen zu wenig.

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Symbolbild BND und NSA Spionageaffäre
Bild: imago

An diesem Mittwoch nimmt Parlamentspräsident Norbert Lammert (CDU) den Abschlussbericht des NSA-Untersuchungsausschusses entgegen. Anschließend wird der Bundestag über das Ergebnis debattieren. Gut drei Jahre lang bemühte sich das Gremium mit unterschiedlichem Engagement, die besonders dunklen Seiten der Kommunikationsüberwachung durch den US-Geheimdienst National Security Agency (NSA) aufzuhellen. Prominentes Ziel und Opfer der im Wortsinne grenzenlosen Ausspähung der Telekommunikation war Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).

Ihre Reaktion - "Ausspähen unter Freuden, das geht gar nicht!" - ist längst legendär. Auch deshalb, weil sich bald herausstellte, dass der für die Auslandsaufklärung zuständige Bundesnachrichtendienst (BND) beim teilweise illegalen Ausspionieren ebenfalls wenig zimperlich war. Die deutschen Lauscher richteten ihre Antennen nämlich wie die NSA nicht nur auf Schurkenstaaten. Ins Visier gerieten auch Bündnispartner in der Europäischen Union (EU) und im transatlantischen Verteidigungsbündnis (NATO).

Christian Flisek (SPD): "Merkel hat im Handling dieser Affäre versagt"

Die Verwicklung des BND und die Frage nach der politischen Verantwortung hatten spürbare Folgen für den Aufklärungseifer innerhalb des NSA-Untersuchungsausschusses. Der war bei den Oppositionsfraktionen - in diesem Fall Linke und Grüne - naturgemäß größer als bei den Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD. Vor allem die Union konnte kein Interesse daran haben, ihre Kanzlerin in einem schlechten Licht erscheinen zu lassen. Dafür sorgten schon die Anderen. Die Opposition legte bereits in der vergangenen Woche ihr gemeinsames Sondervotum vor - Tenor: Der 1822 (!) Seiten dicke Abschlussbericht sei "beschönigend" und das Kanzleramt habe einen rechtsfreien Raum "gedeckt".

Christian Flisek Mitglied NSA-Untersuchungsausschuss
Flisek ahnte nach der ersten Sitzung des NSA-Ausschusses kaum, welche Turbulenzen auf ihn zukommen würdenBild: picture-alliance/dpa

Obwohl sich die SPD diesem harschen Urteil nicht anschließt, sagte ihr Berichterstatter Christian Flisek am Dienstag: "Merkel hat im Handling dieser Affäre versagt". Mit diesem Satz setzt sich der Sozialdemokrat denkbar deutlich von CDU/CSU ab - und von der Wortwahl im gemeinsam beschlossenen Abschlussbericht. Merkel wird darin nämlich verschont. Flisek räumt offen ein, sich aus Rücksicht gegenüber der Koalitionspartnerin im Abschlussbericht auf "Kompromissformeln" eingelassen zu haben. 

Die Opposition sorgt mit ihrem Sondervotum für Ärger

Seine mündlich nachgereichte heftige Kritik an der deutschen Regierungschefin speist sich wesentlich aus zwei Ereignissen. Das erste liegt fast vier Jahre zurück. Im Sommer 2013, wenige Wochen nach Snowdens Enthüllungen und kurz vor der Bundestagswahl, erklärte Merkels damaliger Kanzleramtschef Ronald Pofalla die NSA-Affäre kurzerhand für beendet. Und im Februar dieses Jahres fühlte sich Flisek nach der mehrstündigen Befragung Merkels als Zeugin im Untersuchungsausschuss in seiner Einschätzung bestätigt: dass man in der "obersten Spitze" des Kanzleramts "von alledem nichts wissen möchte".

Deutschland Merkel vor dem NSA Untersuchungsausschuss
Patrick Sensburg, Vorsitzender des NSA-Untersuchungsausschusses, begrüßt im Februar 2017 die Zeugin Angela Merkel Bild: Reuters/A. Schmidt

Die Bilanz des Sozialdemokraten ähnelt also in vielen Punkten der von Linken und Grünen - trotzdem ist er zum Ende der Untersuchungen mehr denn je über die Opposition verärgert. Auslöser war deren Sondervotum, in dem aus Sicht des Ausschuss-Vorsitzenden Patrick Sensburg (CDU) teilweise als geheim eingestufte Passagen enthalten sind. So sieht es auch Flisek, der den Oppositionsfraktionen vorwirft, "permanent zu skandalisieren".

Regierung verweigerte persönlichen Einblick in BND-Selektoren

Gestritten haben sich die Fraktionen oft. Völlig uneins war man sich in der Frage, ob die Abgeordneten des Untersuchungsausschusses Einblick in geheime Listen mit BND-Suchbegriffen für die Ausspähung von Personen und Institutionen nehmen dürfen. Die Bundesregierung lehnte es unter Hinweis auf das Staatswohl ab, die sogenannten Selektoren für den Ausschuss zugänglich zu machen. CDU/CSU und SPD gaben sich damit zufrieden, einem externen Sonderermittler die Arbeit zu überlassen. Linke und Grüne lehnten diesen Kompromiss ab, weil sie sich in ihrer Kontrollfunktion gegenüber der Exekutive behindert sahen.

Symbolbild BND
Linke und Grüne hätten im NSA-Untersuchungsausschuss die BND-Selektoren gerne genauer unter die Lupe genommenBild: Imago/C. Ohde

Der aus Sicht aller Fraktionen größte Dissens ereignete sich zum Schluss. Weil die Regierungsfraktionen das Sondervotum der Opposition in der vorgelegten Form nicht in den Abschlussbericht integrieren wollten, verweigerten die Berichterstatter Martina Renner (Linke) und Konstantin von Notz (Grüne) ihre Unterschrift. Daraufhin wurden sie vom Ausschussvorsitzenden abberufen. Nach mehr als 130 Sitzungen, von denen gut die Hälfte öffentlich war, endet der NSA-Untersuchungsausschuss mit einem Eklat.

Der Ausschussvorsitzende hat ein Buch geschrieben

Einig sind sich Opposition und SPD allerdings darin, dass sich der Ausschussvorsitzende Sensburg mit seinem Buch über den NSA/BND-Skandal einen Fehltritt geleistet hat. Weniger wegen des Inhalts. Sie halten den Zeitpunkt für falsch - das Buch ist nämlich schon auf dem Markt. Dass ihr Kollege nicht bis zur Übergabe des Abschlussberichts an den Parlamentspräsidenten gewartet hat, hält von Notz für "unfassbar". Für Flisek ist Sensburgs Vorgehen ein "absolutes Unding". Das gemeinsam mit dem Journalisten Armin Fuhrer verfasste Buch heißt übrigens "Unter Freunden"…