Zschäpe und die Krankenkassenkarte
12. November 2013Brigitte Böhnhardt ist die Mutter des mutmaßlichen Rechtsterroristen Uwe Böhnhardt, der sich am 4. November 2011 mit seinem Komplizen Uwe Mundlos das Leben genommen hat. Durch den Freitod der beiden Männer flog vor gut zwei Jahren der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) auf, dem zehn rassistisch motivierte Morde zur Last gelegt werden. Am Dienstag sollte Mutter Böhnhardt im Prozess gegen den NSU vor dem Münchener Oberlandesgericht (OLG) über das rechtsextremistische Umfeld ihres Sohnes aussagen. Doch am späten Nachmittag verkündete der Vorsitzende Richter Manfred Götzl, dass die Zeugin erst am 19. November vernommen werden solle.
Auslöser für die Verschiebung war die stundenlange Befragung einer anderen Zeugin. Silvia S. ist die Frau, die dem im NSU-Prozess mitangeklagten Holger G. für 300 Euro ihre Krankenkassenkarte verkauft hat. Mit dieser Karte war es der Hauptangeklagten Beate Zschäpe möglich, unter falschem Namen Arztbesuche zu machen. Wofür die Karte benötigt wurde, habe sie "nie" hinterfragt, behauptete S. In dem Moment habe sie nur das Geld gesehen. "Ich bin eine arme Friseurin", rechtfertigte sich die 33-Jährige. Die Hauptangeklagte Beate Zschäpe (im Artikelbild links) habe sie nicht gekannt, betonte die Zeugin mehrmals.
Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugin
Richter, Staatsanwälte und Nebenkläger-Anwälte hielten die Darstellung der Zeugin nicht für glaubwürdig. Immer wieder wollten sie von ihr wissen, was sie sich bei der Sache gedacht habe. Die stets gleiche Antwort: "Nichts." Auch mit ihrem Mann, durch den sie den Angeklagten Holger G. 2005 in Hannover kennengelernt habe, will sie nicht über die Verwendung gesprochen haben. Ihrer Krankenkasse habe sie etwa eine Woche später mitgeteilt, die Karte verloren zu haben.
Während der mehrmals unterbrochenen Befragung räumte die oft unkonzentriert wirkende Zeugin ein, dass ihr Mann früher "wahrscheinlich" in der Skinhead-Szene gewesen sei. Mehr könne sie aber auch dazu nicht sagen. Über die Vergangenheit ihres Mannes hätten sie sich nie unterhalten, "weil das vor ihrer Zeit" gewesen sei. Damit meinte S. die Zeit, bevor sie ihren Mann kennengelernt hat. Der soll im weiteren Verlauf des NSU-Prozesses ebenfalls als Zeuge befragt werden.