Obama kämpft für Atomabkommen
5. August 2015Die Entscheidung über den Atomvertrag mit dem Iran sei die weitreichendste außenpolitische Entscheidung des US-Kongresses seit dem Ja zum Angriff auf den Irak 2003, sagte Präsident Barack Obama in einer Rede in der American University in Washington, von der Teile vorab bekannt wurden. Es gebe nur einen Weg nach vorn, und zwar die Zustimmung. Es wäre ein Fehler "historischen Ausmaßes, diese Gelegenheit nicht wahrzunehmen.“ betonte der Präsident.
Mehr als ein Jahrzehnt nach dem Einmarsch in den Irak müssten die USA noch immer mit den Konsequenzen leben, darunter der Aufstieg der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS). Obama stellte sich gegen die "Denkweise" der außenpolitischen Hardliner, die den Vereinigten Staaten den Irakkrieg beschert habe und nun in der Debatte um das Atomabkommen zum Vorschein komme. Die Vertreter dieser Denkschule würden unilaterales Handeln der USA über internationale Bemühungen stellen, die Bedrohungen ohne Grundlage geheimdienstlicher Erkenntnisse übertreiben und die Kosten für einen Militäreinsatz verharmlosen.
Der Präsident erläuterte erneut die Kernpunkte des Atomabkommens, das er als "sehr guten Deal" bezeichnete. Die Einigung schneide dem Iran "alle Wege" zum Bau einer Atombombe ab. "Das ist das stärkste Abkommen über die Nichtverbreitung von Atomwaffen, das je verhandelt wurde", sagte er. Obama nahm sich bei der Rede den früheren Präsidenten John F. Kennedy zum Vorbild, der 1963 an der American University für Gespräche mit der Sowjetunion über ein Ende von Atomwaffentests geworben hatte.
Ziel: Keine iranische Bombe
In dem von den fünf UN-Vetomächten und Deutschland mit dem Iran ausgehandelten Abkommen verpflichtet sich Teheran zu tiefgreifenden Einschnitten bei der Urananreicherung und akzeptiert internationale Kontrollen seines Atomprogramms. So soll verhindert werden, dass die Islamische Republik Atombomben baut. Im Gegenzug sollen die Sanktion aufgehoben werden, die dem Iran schwer zugesetzt haben.
Kritikern geht die Vereinbarung nicht weit genug. Unter den Republikanern im Kongress gibt es massiven Widerstand, aber auch ein Teil der Demokraten Obamas sieht den Atomdeal skeptisch. Ihrer Meinung nach ebnet das Abkommen dem Iran einen Weg, in 15 Jahren gleich mehrere Atombomben zu bauen.
Der Kongress hat sich ein gesetzliches Mitspracherecht gesichert. Bis zum 17. September hat er Zeit, die Vereinbarung zu prüfen. Um sie zu kippen, wäre wegen des von Obama angekündigten Vetos eine Zweidrittelmehrheit in beiden Kammern notwendig. Die oppositionellen Republikaner kontrollieren zwar den Senat und das Repräsentantenhaus, eine Zweidrittelmehrheit können sie alleine aber nicht auf die Beine stellen.
Obama setzt deshalb vor allem auf Überzeugungsarbeit bei seinen Demokraten. Die Regierung will in den kommenden Wochen Senatoren und Abgeordnete in vertraulichen und öffentlichen Briefings sowie in Einzelgesprächen für das Atomabkommen gewinnen.
Netanjahu: Kriegsrisiko steigt
Unterdessen hat sich der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu erneut in die Meinungsbildung in den USA eingeschaltet. In einem im Internet veröffentlichten Video rief er die US-Juden zum Widerstand gegen das Atomabkommen auf. Durch den Vertrag steige das Risiko eines Krieges im Nahen Osten. "Ich bin nicht gegen diese Vereinbarung, weil ich einen Krieg will. Ich bin gegen diese Vereinbarung, weil ich einen Krieg verhindern will", erklärte Netanjahu.
Im März hatte der israelische Ministerpräsident auf Einladung der Republikaner und zum Ärger Obamas in einer Rede im Kongress das sich damals bereits abzeichnende Atomabkommen heftig attackiert.
wl/kle (dpa, afp, rtre)