Künstler fordern Meinungsfreiheit in Türkei
21. Januar 2016Initiiert wurde die Aktion von der Intendantin des Berliner Maxim Gorki Theaters, Shermin Langhoff, wie die Bühne der Nachrichtenagentur dpa mitteilte. Zu den Unterzeichnern gehören unter anderem der Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels, Navid Kermani, und die Schriftstellerin Tanja Dückers, die Filmemacher Fatih Akin, Margarethe von Trotta und Dani Levy, der Aktionskünstler Philipp Ruch vom Zentrum für Politische Schönheit, die Schauspieler Benno Fürmann, Katja Riemann und Jasmin Tabatabai, Autor Moritz Rinke und Musikerin Inga Humpe sowie weitere Prominente, Schauspieler und Kunstschaffende.
In dem offenen Brief, der auch auf der Petitionsplattform "Change.org" zu lesen ist, heißt es, die Türkei sei "als Partner für Deutschland und Europa unerlässlich". Dies könne jedoch nicht bedeuten, bei Menschenrechtsverletzungen wegzusehen. An diesem Freitag erwartet die Bundesregierung den türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoğlu und eine türkische Delegation zu gemeinsamen Regierungskonsultationen im Bundeskanzleramt, um über Migration und den gemeinsamen Kampf gegen den Terror zu beraten.
Für "Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Pluralismus in der Türkei"
Die Unterzeichner bekunden ihre Solidarität mit Opfern der Gewalteskalation im Südosten der Türkei und bitten Merkel, sich für "Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Pluralismus in der Türkei einzusetzen". Im Schreiben heißt es außerdem: "Sprechen Sie über Meinungsfreiheit. 27 türkische Akademiker_innen wurden vergangene Woche festgenommen, weil sie einen Friedensaufruf unterzeichnet haben, gegen viele andere wurden Disziplinarverfahren eingeleitet. Can Dündar, Chefredakteur der Tageszeitung Cumhuriyet sitzt im Gefängnis, weil er kritisch über die türkische Regierung berichtet hat. Er ist nur einer von vielen Fällen."
Der Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen, Christian Mihr, sagte: "Auf keinen Fall darf die Pressefreiheit nun zur Verhandlungsmasse werden, um Zugeständnisse der Türkei in der Flüchtlingspolitik zu erreichen". Die Bundesregierung solle weiter auf ein Ende der Zensur und die Freilassung aller wegen ihrer Arbeit inhaftierten Journalisten dringen.
Willkürliche Festnahmen
Amnesty International forderte von der Bundesregierung klare Worte zu Menschenrechtsverletzungen in der Türkei. "Die Bundesregierung ist dazu verpflichtet, auch in ihren Außenbeziehungen für einen besseren Menschenrechtsschutz zu sorgen", betonte Amnesty-Türkei-Expertin Marie Lucas.
Laut Amnesty International werden in der Türkei zahlreiche Flüchtlinge willkürlich festgenommen und zurück nach Syrien und den Irak geschickt. Solange dies der Fall sei, "müssen Bundesregierung und EU ihre Zusammenarbeit mit der Türkei in der Flüchtlingsfrage auf Eis legen", forderte Lucas. Zudem begehe die Türkei Menschenrechtsverletzungen in vor allem von Kurden bewohnten Gebieten im Südosten des Landes.
Dort führt die türkische Armee seit Monaten eine Offensive gegen die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK. Alleine in der Stadt Cizre, der Stadt Silopi und dem Viertel Sur in der Kurdenmetropole Diyarbakir sind nach Militärangaben seit Beginn der Offensive mehr als 500 PKK-Kämpfer getötet worden. Die pro-kurdische Oppositionspartei HDP berichtet von rund 100 getöteten Zivilisten.
ld/sti (dpa, kna, change.org)