Oh, wie schön ist Panama
20. Juli 2010Ein Bär, ein Tiger und eine gelb-braun gestreifte Holzente machen sich auf den Weg, um das Land ihrer Träume zu suchen. "In Panama ist alles viel schöner. Denn Panama riecht von oben bis unten nach Bananen", sagte der kleine Bär. Und tatsächlich erreichen die Drei am Ende ihr Ziel und sind glücklich. Dabei ist ihnen gar nicht aufgefallen, dass sie im Kreis gegangen und nach langer Reise schließlich wieder zu Hause gelandet sind…
Weggehen, um anzukommen
"Die meisten Leute, die wandern um die ganze Welt, um zu finden, was sie längst haben", so kommentierte Janosch einmal in einem Interview seine Geschichte. Er wollte den Kindern eben zeigen, dass sie nicht gleich in Indien suchen müssen, sondern sich erstmal in ihrer Umgebung umsehen können, "dann sparen sie sich den ganzen Weg dahin". Doch manchmal ist eine Geschichte klüger als ihr Autor. Denn was für Abenteuer wären Bär und Tiger entgangen, welche Begegnungen, wenn sie einfach zu Hause geblieben wären?
Universale Botschaft
Es geht um Solidarität, darum, sich zu helfen in der Gefahr. "Wenn man einen Freund hat, dann braucht man sich vor nichts zu fürchten." Das ist die Botschaft des Buches. Sie ist so universal wie das Motiv, die Welt zu erkunden, um das Eigene schätzen zu lernen. Das wird in China so verstanden wie in Israel, in Portugal genauso wie in Island. In insgesamt 25 Sprachen ist "Oh, wie schön ist Panama" erschienen. Nur nicht in Panama. Aber einen Orden hat Janosch von dort bekommen, quasi als Dank dafür, dass er das Land in der Literatur verewigt hat.
Schwere Kindheit
So freundlich die von Janosch gezeichnete Panama-Welt, so unfreundlich war die seiner eigenen Kindheit, wie er immer wieder in Interviews erzählt. 1931 wurde er als Horst Eckert im oberschlesischen Hindenburg, heute Zaborze in Polen, geboren. Sein Vater sei ein Säufer gewesen, der ihn und seine Mutter mit der Hundepeitsche geprügelt habe:
"Und dann steckte man mich in die Kirche, und da fing die Bedrohung an: 'Wenn du nicht glaubst, was wir dir sagen, wenn du nicht tust, was wir dir sagen, dann kommt das Schlimmste, was nämlich nach dem Tod passiert.' Und ein kleines Kind glaubt das ja, gell, du wirst als Sünder geboren, als Ergebnis einer Sünde, die begangen wird, und dann fängt die Verwirrung an. Ich war mit 13 in einer totalen Psychose".
Aber Janosch konnte sich retten, nicht zuletzt durch seine Zeichen-Kunst. Und es war "Oh, wie schön ist Panama", das ihm zum Durchbruch verhalf und für das er 1979 mit dem deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet wurde.
Markenzeichen Tigerente
Ein Erfolg, zu dem nicht zuletzt der heimliche Star des Buches, die Tigerente, beigetragen hat. Eigentlich war sie gar nicht vorgesehen, so Janosch, "die stand zuerst auf einem Bild, um einen leeren Fleck zu füllen". Mittlerweile hat sie sogar einen eigenen Eintrag im Online-Lexikon Wikipedia:
Die Tigerente ist ein Spielzeug aus Holz, das auf Rädern rollt und an einer Schnur gezogen wird. Sie hat die Form einer Ente und besitzt ein tigerartiges Streifenmuster.
Die Tiger-Ente, die Bär und Tiger nach Panama begleitet, wurde zur Kultfigur und zum gut verkäuflichen Merchandising-Produkt. Sie ziert Taschen, Zahnputzbecher und Wärmflaschen für Kinder. Im Fernsehen ist sie das Wappentier des Tigerenten-Clubs und das deutsche Kinderhilfswerk hat sie zur Botschafterin für das Recht auf Spiel gekürt.
Janosch selbst hat ein gespaltenes Verhältnis zu seinem rollenden Federvieh: Er könne sie nicht ausstehen, hat er noch im vergangenen Jahr in einem Interview gesagt. An ihrer Vermarktung verdient er inzwischen nichts mehr, aber offenbar braucht er auch nicht viel. Im Frühjahr hat er seine Zweitwohnung in München aufgegeben, um nun ausschließlich auf der Kanaren-Insel Teneriffa zu wohnen. Zum Arbeiten hat er keine Lust mehr, behauptet er. Immerhin wird er bald 80. Aber in seiner geliebten Hängematte wird er wohl liegen - sein Panama.
Der kleine Bär ging fischen, der kleine Tiger ging Pilze finden. Nur war es jetzt noch schöner; denn sie kauften sich ein Sofa aus Plüsch und ganz weich. Das kleine Haus bei den Sträuchern kam ihnen jetzt so schön vor wie kein Platz auf der Welt. "Oh Tiger", sagte jeden Tag der kleine Bär, "wie gut ist es, dass wir Panama gefunden haben, nicht wahr?"
Autorin: Gabriela Schaaf
Redaktion: Petra Lambeck
Janosch: Oh, wie schön ist Panama. Beltz & Gelberg. 46 Seiten. 5,95 Euro.