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Politik

Ohnmächtige Wut bei den Palästinensern

7. Dezember 2017

Die Palästinenser sind empört über die Entscheidung der USA, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen. US-Vize Pence, der nach Bethlehem kommen wollte, wurde ausgeladen. Im Gazastreifen gab es Zusammenstöße.

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Bethlehem Proteste gegen Anerkennung USA Jerusalem
Straßenschlacht in Bethlehem Bild: picture-alliance/AA/M. Wazwaz

"Amerika war ein großartiges Land für uns und jeden", sagt Salah Suhikeh in der Altstadt von Jerusalem. "Aber durch diese Entscheidung ist Amerika ein sehr kleines Land geworden, so wie jedes kleine Land in der Welt." Mit der Entscheidung, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen, seien die USA im Ansehen und als Vermittler zu "Mikronesien" geschrumpft, klagt der 55-jährige Palästinenser. Nach dem Beschluss von Präsident Donald Trump ist es überall im Westjordanland und im Gazastreifen zu gewaltsamen Protesten der Palästinenser gekommen. 

Gaza Proteste gegen Anerkennung USA Jerusalem
Überall in den Palästinensergebieten brennen amerikanische und israelische Fahnen Bild: picture-alliance/Zumapress/M. Ajour

Auf den Straßen eskaliert die Konfrontation mit den israelischen Besatzungstruppen. In Gaza marschierten tausende erboste Palästinenser zum Mahnmal für den unbekannten Soldaten. Sie verbrannten Flaggen der USA und Israels und riefen Parolen wie "Tod für Amerika" oder "Tod für Israel".

Die israelische Armee griff als Reaktion auf einen Beschuss aus dem Gazastreifen Ziele in dem Palästinensergebiet an. Sie beschoss nach eigenen Angaben mit einem Panzer und einem Kampfflugzeug zwei "Militärposten" im Gazastreifen - ohne mitzuteilen, wer diese Posten kontrollierte. Die Armee erklärte allerdings, dass sie der radikalislamischen Hamas die Verantwortung für die "von Gaza aus gegen Israel verübten feindlichen Aktivitäten" gebe.

Zu größeren Demonstrationen gegen Israel kam es in Ramallah, Hebron, Tul Karem, Nablus und Bethlehem. Nach Berichten der palästinensischen Nachrichtenagentur Wafa lösten israelische Sicherheitskräfte einen palästinensischen Aufmarsch um den Tempelberg sowie am Damaskustor zur Jerusalemer Altstadt auf. 

Tränengas und scharfe Munition

Es wurden vielerorts Tränengas, Gummigeschosse und scharfe Munition eingesetzt, um die Kundgebungen im Westjordanland aufzulösen. Laut Zeugen und Rettungskräften wurden zahlreiche Demonstranten verletzt. Im Westjordanland und in Ost-Jerusalem blieben die meisten Geschäfte und Schulen nach einem Aufruf zum Generalstreik geschlossen.

Bethlehem Proteste gegen Anerkennung USA Jerusalem Sicherheitskräfte
Massives Aufgebot an Sicherheitskräften im palästinensischen BethlehemBild: picture-alliance/AA/M. Wazwaz

Es herrscht Wut und Ohnmacht, aber ein Flächenbrand ist es laut Beobachtern noch nicht. Das Wort von der nächsten Intifada macht bereits die Runde. Aufgerufen zu einem neuerlichen Palästinenseraufstand hat die radikalislamische Hamas-Bewegung. Auf die von den USA unterstützte "zionistische Strategie" gebe es als alleinige Antwort eine "neue Intifada", sagte Hamas-Führer Ismail Hanija in einer Rede.

US-Vizepräsident "nicht willkommen"

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hatte bereits unmittelbar nach der Ankündigung Trumps von "beklagenswerten und unannehmbaren Maßnahmen" gesprochen, die "bewusst alle Friedensbemühungen" untergrüben. Damit gebe Washington seine "Rolle als Förderer des Friedensprozesses" auf, den es im vergangenen Jahrzehnt innegehabt habe. Eine erste Konsequenz gibt es von Seiten der Palästinenser bereits.

US-Vizepräsident Mike Pence, der im Rahmen seiner geplanten Nahostreise am 19. Dezember Mahmud Abbas in Bethlehem treffen wollte, ist dort offenbar nicht mehr willkommen. "Solch ein Treffen wird nicht stattfinden", sagte das ranghohe Fatah-Mitglied Dschibril Radschub der Nachrichtenagentur AFP.

"Zwei-Staaten-Lösung endgültig gescheitert" 

Der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat sieht sämtliche Bemühungen um einen unabhängigen Palästinenserstaat als gescheitert an. "Präsident Trump hat dem palästinensischen Volk eine Botschaft übermittelt: Die Zwei-Staaten-Lösung ist vorbei", sagte Erekat der israelischen Zeitung "Haaretz". "Jetzt ist es an der Zeit, für eine Ein-Staaten-Lösung zu kämpfen, mit gleichen Rechten für alle, die im historischen Palästina leben, vom (Jordan)-Fluss bis zum Meer". Mit dem historischen Palästina bezieht Erekat sich auf das Gebiet des heutigen Israel, das Westjordanland, den Gazastreifen und Ost-Jerusalem. 

Gewalt und Ausschreitungen nach Trumps Ankündigung: Tania Krämer aus Jerusalem

Der Aufruf von Palästinenserpolitikern zu drei "Tagen des Zorns" ab Mittwoch hat bislang kaum gezündet. Doch die Freitagsgebete stehen erst noch bevor - sehr oft ein Ausgangspunkt gewaltsamer Proteste. In den Moscheen in den Palästinensergebieten dürfte es kaum ein anderes Thema geben.

Hisbollah solidarisiert sich - Israel feiert 

Der Anführer der libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah, Hassan Nasrallah, hat zu Protesten gegen Trumps Jerusalem-Entscheidung  aufgerufen. Die arabische und islamische Welt sollte die Palästinenser finanziell, politisch, medial und militärisch unterstützen, wenn diese sich zu einer neuen Intifada entschließen sollten. Nasrallah forderte zudem ein arabisches und islamisches Gipfeltreffen, bei dem Jerusalem "zur ewigen Hauptstadt Palästinas" erklärt werden solle.

In Israel war der Jubel über Trumps Entscheidung groß. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sprach von einer "mutigen und gerechten Entscheidung" und einem "historischen Tag". "Es gibt kein passenderes oder schöneres Geschenk zum 70. Jahrestag der Unabhängigkeit des Staates Israel," kommentierte Israels Staatspräsident Reuven Rivlin. 

SC/haz/jj (afp, APE, dpa, KNA)