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Opel beschäftigt die Politik

15. Februar 2017

Wird eine mögliche Übernahme von Opel zur Chefsache in Berlin? Bei der Peugeot-Mutter PSA steht der Vorstandsvorsitzende für Gespräche mit Kanzlerin Merkel bereit, sagt er. Die Bundesregierung ist jedenfalls aktiv.

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Opel und Peugeot
Bild: picture-alliance/dpa/M. Becker

Die erste Reaktion auf die Berichte um einen möglichen Verkauf des deutschen Autobauers Opel an die französische Konkurrenz um Peugeot und Citroën kam von der deutschen Wirtschaftsministerin, und die war deutlich: Es sei "inakzeptabel", dass Betriebsrat, die Gewerkschaft IG Metall sowie die Landes- und Bundesregierung nicht von den Plänen informiert worden seien.

Am Mittwoch meldete dann die deutsche Zeitung "Bild", dass der französische Kaufinteressent auf einen schnellen Austausch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und den deutschen Arbeitnehmervertretern setze. Die Bestätigung aus Paris brauchte nicht lange: PSA-Chef Carlos Tavares ist nach Angaben eines Unternehmenssprechers zu Gesprächen mit der Bundeskanzlerin und den Gewerkschaften bereit. Es gehe dem PSA-Chef um eine Öffnung und ein Bündnis, hieß es.

Intensive Diskussion

Die Bundesregierung ihrerseits beeilte sich, deutlich zu machen, dass man sich bereits in die Verhandlungen um eine mögliche Übernahme Opels durch die französische PSA-Gruppe einschalte. Oberste Priorität der deutschen Seite sei es, so sagte es Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles am Mittwoch in Berlin nach einer Kabinettssitzung, die drei Opel-Standorte zu erhalten. Außerdem müsse die Zentrale von Opel in Rüsselsheim bestehen blieben und keine Unterabteilung eines französischen Konzerns werden. 

Die Ministerrunde habe das Thema Opel intensiv diskutiert, sagte Nahles. Zur Zeit fänden auf verschiedenen Ebenen Gespräche statt - sowohl mit Opel als auch mit dem Mutterkonzern GM sowie mit der französischen Seite.

Später am Tag betonte auch Regierungssprecher Steffen Seibert, der Bundesregierung sei an einer erfolgreichen Opel-Zukunft gelegen. Das Bundeskanzleramt, Verkehrsminister Alexander Dobrindt, Wirtschaftsministerin Zypries und Arbeitsministerin Nahles führten nun Gespräche mit der französischen Regierung. Kanzlerin Merkel werde dabei "über alle Schritte stets im Bilde sein", sagte Seibert. Zunächst seien aber die Fachminister am Zug. Eine offizielle Anfrage der PSA-Spitze für ein Gespräch mit Merkel gebe es bislang nicht.

Die Nervosität wird verständlich, wenn man Einschätzungen von Auto-Experten hört: Tausende von Arbeitsplätzen könnten bei einer Fusion von Opel mit PSA in Gefahr geraten. Das gelte auch für die britische Marke Vauxhall, die wie Opel bislang im Besitz des US-Konzerns General Motors GM ist.

Arbeitsplätze bedroht

In der Opel-Zentrale in Rüsselsheim könnten ganze Einheiten geschlossen oder verkleinert werden, mutmaßt der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen. Betroffen wären etwa der Einkauf, der Vertrieb, das Marketing sowie Teile des Entwicklungszentrums. Mindestens ein Drittel der rund 15.000 Jobs in Rüsselsheim stünde bei einer Übernahme zur Disposition.

Deutschland Opel Adam
Hoffnungsträger Adam: Opel-Produktion in EisenachBild: Getty Images/AFP/R. Michael

Ein weiterer Opel-Standort, in Kaiserslautern, liegt im Bundesland Rheinland-Pfalz. Der Wirtschaftsminister der Landesregierung erwartet denn auch von Opel ein Bekenntnis zu seinen Standorten in Deutschland, so sagte er. Minister Volker Witting bot dem Unternehmen dazu seine "volle Unterstützung" zu. Möglich sei, die Verkehrsinfrastruktur zu stärken, um die Attraktivität des Standort zu erhalten. 

Die Kapazitäten in der europäischen Autoproduktion seien zu groß, sagt Experte Dudenhöffer. Deshalb seien über Nacht die Aussichten für die deutschen Opel-Werke in Kaiserslautern und Eisenach schlechter geworden. Die Opel-Produktion würde voraussichtlich in den ebenfalls nicht ausgelasteten PSA-Autobau eingegliedert. Das lasse sich aus der bisherigen Mehrmarken-Strategie der PSA mit Peugeot, Citroën und DS ablesen. "Es gibt keine Markenwerke, sondern nur Konzernwerke, in denen alle Markenprodukte gefertigt werden", so Dudenhöffer.

Verluste seit 1999

Opel hat im vergangenen Jahr einen Verlust von rund 240 Millionen Euro eingefahren, im Jahr zuvor waren es mehr als 760 Millionen Euro. Seit 1999 hat Opel keinen Gewinn mehr gemacht.

Zu den europäischen Töchtern von General Motors zählt neben Opel Vauxhall in Großbritannien. Auch in London wurden Befürchtungen laut, ein Verkauf könne zu Stellenabbau führen. Die Regierung habe Kontakt zur GM-Führung aufgenommen, um diese Sorge auszudrücken, hieß es vom britischen Wirtschaftsministerium.

Ein Gewerkschaftsvertreter sagte, die Chefin von General Motors habe im vergangenen Jahr Versicherungen abgegeben, es werde keine Überraschungen für die britischen GM-Werke geben. Das sei nicht eingehalten worden "An die Adresse von Peugeot möchte ich sagen: lasst uns reden!", so Gewerkschaftssekretär Len McCluskey. Er wollte am Mittwoch mit Wirtschaftsminister Greg Clark zusammen kommen. In Vauxhall-Werken bei Liverpool und Luton arbeiten 4.500 Menschen.

General Motors GM Vauxhall-Fabrik im britischen Ellesmere Port
Keine Überraschungen? Werk von Vauxhall in England. Bild: picture-alliance/dpa

Probleme für Vauxhall

Als problematisch für Vauxhall könnte sich nach Einschätzung des Ökonomen Christian Stadler von der Warwick Business School der drohende Brexit erweisen. Eine Übernahme würde zum Verlust von Arbeitsplätzen sowohl in Deutschland als auch in England führen, so Stadler gegenüber DW. "Ich würde aber annehmen, es trifft vor allem Großbritannien, weil das Land durch den Brexit ein weniger attraktiver Markt wird". Allerdings würde ein Kauf nicht das Ende der Marke Opel bedeuten.

An diesem Mittwoch will GM-Chefin Mary Barra sich am Stammsitz von Opel in Rüsselsheim mit Opel-Aufsichtsratsvorsitzenden Dan Ammann zu Gesprächen treffen. Das meldete die "Allgemeine Zeitung" aus Mainz. Barra hat sich der Zeitung zufolge in einem Brief an die Mitarbeiter gewandt. Darin heiße es, zwar gebe es keine Garantie für eine Einigung mit PSA. Ein möglicher Deal würde aber "die PSA-Gruppe sowie Opel/Vauxhall aufgrund der sich ergänzenden Stärken beider Unternehmen in die Lage versetzen, ihre Position auf dem sich rasch verändernden europäischen Markt zu verbessern".

Opel und PSA hatten am Dienstag bestätigt, der Mutterkonzern von Peugeot und Citroën prüfe eine Übernahme von Opel. Die Konzerne loteten verschiedene Möglichkeiten zur Expansion und Kooperation aus, hieß es weiter. Es sei jedoch noch ungewiss, ob eine Einigung erzielt werde. Die Verhandlungen laufen Medienberichten zufolge schon länger. Opel hat rund 38.200 Mitarbeiter in Europa, davon mehr als die Hälfte in Deutschland. Bislang gibt es zwischen den beiden Autobauern drei gemeinsame Projekte. Die ersten Gemeinschaftsautos sind bereits auf dem Markt.

ar/hb (dpa, afp, DW)