Repressionen in Belarus
12. Januar 2011Die belarussische Opposition will sich den zunehmenden Repressionen seitens der Behörden widersetzen. Dazu haben am Sonntag (09.01.2011) mehrere oppositionelle Parteien und Organisationen einen "Nationalen Koordinationsrat" gegründet. Ziel sei die Freilassung politischer Häftlinge. Ferner wollen die Oppositionellen die Menschen in Belarus sowie die internationale Gemeinschaft über die Lage im Land informieren.
Eine entsprechende gemeinsame Erklärung unterzeichneten die Vereinigte Bürgerpartei, die sozialdemokratische Partei "Gramada", die linke Partei "Gerechte Welt", die Bewegung "Für Freiheit", die Belarussische Volksfront, die Vereinigung "Sag die Wahrheit" sowie der Kongress demokratischer Gewerkschaften.
Nach der Präsidentenwahl am 19.12.2010, bei der nach amtlichem Ergebnis der seit 16 Jahren regierende Aleksandr Lukaschenko mit 80 Prozent wiedergewählt worden sein soll, war es in Minsk zu Protesten gekommen. Die Opposition wirft der Regierung Wahlfälschung vor.
Während der gewaltsamen Auflösung der Oppositionskundgebung wurden rund 700 Personen festgenommen, darunter auch sieben der neun Oppositionskandidaten. Vier von ihnen sind wegen "massiver Störung der öffentlichen Ordnung" angeklagt. Ihnen, wie auch mehreren Dutzend weiteren Angeklagten drohen langjährige Haftstrafen. Die meisten Festgenommenen sind inzwischen aber wieder auf freiem Fuß. Dennoch wird erwartet, dass viele von ihnen ihre Arbeit verlieren oder aus Universitäten ausgeschlossen werden.
Gewalt auch gegen Journalisten
Nach Angaben des Belarussischen Journalistenverbandes wurden am Wahltag auch 26 Journalisten festgenommen und geschlagen. Wie der stellvertretende Verbandsvorsitzende Andrej Bastunez mitteilte, handelte es sich sowohl um belarussische als auch ausländische Medienvertreter. Das bestätigte auch Julia Doroschkewitsch, Reporterin der unabhängigen belarussischen Zeitung Nascha Niwa.
Im Gespräch mit der Deutschen Welle schilderte Doroschkewitsch, wie sie gemeinsam mit weiteren Journalisten den Oppositionskandidaten Wladimir Nekljajew auf dem Weg zur Protestkundgebung begleitete. Nur wenige Meter von dessen Büro entfernt sei die Gruppe mit Blendgranaten beworfen worden. "Zuallererst haben die schwarz uniformierten Männer uns Journalisten niedergeworfen und mit dem Gesicht in den Schnee gedrückt, um Fotoaufnahmen des Geschehens zu verhindern", so Doroschkewitsch. Neben ihr habe der Kameramann von Reuters gelegen. Die Ausrüstung der Journalisten sei beschlagnahmt worden.
Auch Kastus Laschkewitsch, Reporter des belarussischen Internetportals tut.by, berichtete der Deutschen Welle, er sei festgenommen worden obwohl er seinen Presseausweis sichtbar am Körper getragen habe. Polizisten fassten ihn am Eingang zu einer Metrostation, nachdem die Demonstration bereits aufgelöst worden war. In einem Gefangenentransporter seien er und weitere Festgenommene geschlagen worden. Nach vier Stunden sei er wieder freigelassen worden.
Folgen den Razzien EU-Sanktionen?
Seit der umstrittenen Wahl am 19. Dezember gehen die belarussischen Behörden gegen Oppositionelle, Medien und deren Vertreter vor. So wurden Ende Dezember das belarussische Büro des Senders "Europäisches Radio für Belarus" sowie Wohnungen von Journalisten durchsucht, die für den TV-Sender Belsat arbeiten. Beide Stationen senden von Polen aus ins benachbarte Belarus. Durchsucht wurden ferner Redaktionen unabhängiger belarussischer Zeitungen, darunter von Nascha Niwa. Auch Menschenrechtsorganisationen waren von den Razzien betroffen.
Wegen der Unterdrückung der Opposition befürwortet die ungarische EU-Ratspräsidentschaft Sanktionen gegen die belarussische Führung. Beispielsweise könnten wieder Einreiseverbote gegen Regierungsmitglieder verhängt werden. Eine Entscheidung darüber könnte beim Außenministertreffen am 31.01.2011 fallen. Zuvor hatten die EU und die USA die Schließung des Büros der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in Minsk durch die belarussischen Behörden scharf verurteilt. Die OSZE hatte die Wahl in Belarus kritisiert.
Autoren: Markian Ostaptschuk, Artjom Maksimenko (afp, ap, dpa, dapd)
Redaktion: Fabian Schmidt