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Keine Kehrtwende bei Rüstungsexporten

Richard Fuchs, Berlin 22. Mai 2014

Das Ringen um die Rüstungsexporte geht in eine neue Runde. SPD-Wirtschaftsminister Gabriel will Waffenexporte beschränken. Das stößt beim Regierungspartner Union auf Kritik, geht der Opposition aber nicht weit genug.

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Bild: picture-alliance/dpa

In einer emotionalen Debatte im Deutschen Bundestag warfen die Oppositionsparteien am Donnerstag der Regierungskoalition "Heuchelei" bei ihrem Umgang mit den Rüstungsexporten vor. "Die Exporte in Drittstaaten, oft an autoritäre, menschenverachtende Regime, haben deutlich zugenommen", sagte Inge Höger von der Linkspartei zu den jüngst veröffentlichten Zahlen zu Ausfuhrgenehmigungen deutscher Rüstungsgüter.

Rüstungsexporte in unsichere Drittländer steigen massiv

Die Linkspartei bezog sich dabei auf Zahlen, die das Wirtschaftsministerium im Mai auf Anfrage veröffentlichte. Darin wird dargelegt, dass im Zeitraum von Januar bis April Rüstungsexporte im Gesamtwert von rund 1,2 Milliarden Euro von der Bundesregierung genehmigt wurden. Verglichen mit dem identischen Zeitraum des Vorjahres entspricht das zwar einem Rückgang von 23 Prozent.

Vor allem die Ausfuhren in Drittländer außerhalb der EU und der NATO haben aber um statte 20 Prozent zugelegt. Unter den zehn Hauptdestinationen für deutsche Rüstungsgüter befinden sich fünf Drittländer, darunter Singapur, Brunei, Saudi-Arabien und Algerien. Menschenrechtsorganisationen werfen allen Ländern massive Verletzungen der Grundrechte vor.

Jan van Aken von der Linkspartei (Foto: www.jan-van-aken.de)
Greift die Bundesregierung scharf an: Jan van Aken von der LinksparteiBild: www.jan-van-aken.de/

Linkspartei und Grüne sehen darin einen Wortbruch von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), der zuletzt eine deutlich restriktivere Rüstungsexportpolitik angekündigt hatte. Jan van Aken, Rüstungsexperte der Linkspartei sagte, dazu: "Immer wenn irgendwo eine Fernsehkamera anwesend ist, dann ist Sigmar Gabriel voll der Kritiker an allen Waffenexporten, kaum ist die Kamera aus, winkt der alle Rüstungsexporte durch."

Iris Gleicke, parlamentarische Staatssekretärin aus dem Bundeswirtschaftsministerium widersprach dieser Darstellung. Bei den jetzt veröffentlichten Zahlen handle es sich zu Zwei Dritteln um "rechtlich verbindliche Genehmigungen", die bereits von der Vorgängerregierung ausgesprochen worden seien. Diese könne die aktuelle Bundesregierung nicht rückgängig machen, so Gleicke. Die Grünen-Parlamentarierin Agnieszka Brugger widersprach dem: "Verträge kann man auch kündigen, wenn man das möchte".

Gleicke betonte dagegen im Namen der Bundesregierung, dass Rüstungsexporte unter der neuen Regierung mit mehr Transparenz denn je gehandhabt würden. "Wir legen alles offen, was wir genehmigen." Die Ausfuhr von Rüstungsgütern bedarf in Deutschland der Genehmigung des Bundessicherheitsrates. Dieser entscheidet auf der Basis von Rüstungsexportrichtlinien, ob eine Genehmigung von Rüstungsexporten erteilt werden kann. Binnen zwei Wochen soll künftig der Bundestag von den Beschlüssen des nicht-öffentlichen Gremiums informiert werden. Für Rainer Arnold, verteidigungspolitischer Sprecher der SPD, ist das ein richtiger Schritt zu mehr Transparenz. Auf der Basis einer strengeren Auslegung der eigenen Rüstungsexportvorschriften werde es in der Zukunft auch häufiger zur Ablehnung von Rüstungsgeschäften kommen, sagte SPD-Parlamentarier Arnold voraus.

Patronen auf einem Fließband (Foto: dpa)
Wohin dürfen deutsche Waffenexporte gehen, um vertretbar zu sein?Bild: picture-alliance/dpa

"Rüstungsexporte legitimes Mittel der Außenpolitik"

Vertreter des Koalitionspartners von CDU und CSU sehen an der aktuellen Genehmigungspraxis für Rüstungsexportgeschäfte allerdings keinen Korrekturbedarf. Für Joachim Pfeiffer sind deutsche Rüstungsexporte weiterhin Teil der außenpolitischen Staatsräson. "Rüstungsexporte sind legitimes, sinnvolles und notwendiges Instrument der Außen- und Sicherheitspolitik", sagte er vor dem Bundestag. Ein radikaler Kurswechsel, wie von Grünen und Linkspartei gefordert, gefährde die technologische Kampffähigkeit Deutschlands und führe zu einer Abhängigkeitsspirale von fremder Wehrtechnologie. Dies gelte es zu verhindern. Die von der Opposition heftig kritisierten Lieferungen von Patrouillen-Booten an Saudi-Arabien verteidigte Pfeiffer als sinnvolle Unterstützung für einen Partner und "Stabilitätsanker" in einer Krisenregion.

Zudem wehrte sich Pfeiffer dagegen, dass Rüstungsexporte in Krisengebiete generell abzulehnen seien. "Wenn ich Minensuchgeräte liefere, dann muss ich sie dorthin liefern, wo ich Minen beseitigen muss und nicht dorthin, wo keine Minen sind." Entgegen der früheren Praxis soll in diesem Jahr bereits im Juni der Rüstungsexportbericht aus dem vergangenen Jahr vorgelegt werden. Spätestens dann dürfte es eine Wiederauflage dieser außergewöhnlich emotional geführten Debatte im Deutschen Bundestag geben.