Orban: Wir haben eine andere Sichtweise
5. Juli 2018Der ungarische Regierungschef Viktor Orban will keine Asylbewerber aufnehmen, die von Deutschland nach den Dublin-Regeln der EU zurückgeschickt werden sollen. Ungarn fühle sich "gar nicht verantwortlich für die Bearbeitung der Asylanträge", sondern stehe auf dem Standpunkt, dass dies "nicht-registrierte Flüchtlinge aus anderen Ländern, vor allem aus Griechenland, sind", erläuterte Merkel nach ihrem Gespräch mit Orban in Berlin.
Orban, der einem harten Kurs der Abschottung gegen Flüchtlinge in seinem Land folgt, erklärte vor der Presse, die meisten der Flüchtlinge kämen aus Griechenland, würden dort aber häufig nicht registriert. Das übernehme Ungarn zwar, zurückgebracht werden müssten die Menschen aber nach Griechenland.
Orban: Ungarn entlastet Deutschland
Der Ministerpräsident sagte, durch den Schutz seiner Südgrenze nehme Ungarn Deutschland "eine immense Last" ab. "Sonst würden täglich 4000 bis 5000 Flüchtlinge nach Deutschland kommen". Ungarns Zaun an der Grenze zu Serbien und Kroatien werde 24 Stunden am Tag von 8000 Bewaffneten bewacht, sagte Orban. Es sei nun "unmöglich", illegal über die Grenze zu kommen. Deshalb sei es "unfair, dass man uns in Deutschland oft mangelnde Solidarität vorwirft".
Die Kanzlerin und CDU-Vorsitzende betonte bei dem Treffen Europas Verpflichtung zu Humanität. In der Debatte über Migration dürfe nicht vergessen werden, dass es schließlich "um Menschen" gehe, hob Merkel hervor. Es bleibe bei den grundsätzlichen Differenzen bei Fragen der Asylpolitik. Auch Orban meinte, es habe sich deutlich gezeigt, dass er und die Kanzlerin sehr unterschiedlichen Sichtweisen auf das Thema Migration hätten.
Merkel: Abschottung allein keine Lösung
Von Gemeinsamkeiten zwischen Deutschland und Ungarn wurde beim Schutz der EU-Außengrenzen und der Fluchtursachenbekämpfung berichtet. Merkel betonte aber auch, der Schutz der Außengrenze funktioniere nicht nur mit dem Ziel, "dass wir uns einfach abschotten". Im Gegenzug müsse es legale Zugangswege und Möglichkeiten zur Zuwanderung für Arbeit oder Studium geben, sagte sie.
Es war Orbans erster Besuch bei der Kanzlerin seit Mai 2014. Orban gilt in der EU seit langem als schärfster Kritiker von Merkels Flüchtlingspolitik.
Rückführungsabkommen gewünscht
CDU und CSU hatten sich am Montag nach wochenlangem Streit in der Asylpolitik darauf verständigt, Flüchtlinge, die in einem anderen EU-Staat registriert sind, vor der Einreise zurückzuweisen. Das soll in sogenannten Transitzentren auf der Grundlage von Verwaltungsabkommen mit den betreffenden EU-Mitgliedstaaten geschehen, die noch verhandelt werden müssen, so etwa mit Ungarn oder auch Österreich.
SC/jj (epd, rtr, afp)