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Osteuropa-Geschäft bricht weg

Sascha Quaiser17. Juni 2014

Deutsche Firmen verbuchten zuletzt kräftige Exporteinbußen in die Länder Russland und Ukraine. Der deutsche Mittelstand ist verunsichert - doch es gibt auch Chancen.

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Supermarkt in Russland (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Für viele Firmen lief das Osteuropa-Geschäft zuletzt ausgesprochen gut - bis zur Krim-Krise. Mittlerweile haben die EU und die USA Sanktionen gegen Russland verhängt. Die Unternehmen spüren kräftige Einbrüche.

Frank Becker würde sich wohl selbst als Russland-Kenner bezeichnen. Der Geschäftsführer eines Berliner Unternehmens reist oft nach Osteuropa, um seine Geschäftspartner besser kennenzulernen. "Man muss die russische Seele verstehen", sagt er. Doch selbst wenn das gelingen sollte - begreifen, was der russische Präsident Wladimir Putin im Schilde führt, das können deutsche Mittelständler kaum.

Porträt von Frank Becker (Foto: Collonil)
Unternehmer Frank BeckerBild: Collonil

Vertrieb in die Ukraine zu riskant

Becker machen mehrere Probleme zu schaffen. In Russland, seinem wichtigsten Absatzmarkt, ist es der enorme Wertverlust des Rubel, in der Ukraine gibt es logistische Probleme. Mit anderen Worten: Es ist zu gefährlich, manche Gebiete derzeit zu beliefern. Collonil heißt das Unternehmen, dem er schon seit vielen Jahren vorsteht, und das vor einem Jahrzehnt hauptsächlich in Deutschland erfolgreich war. Heute liege der Exportanteil bei 65 Prozent, so Becker. Schuhpflegeprodukte stellt Collonil her, darunter herkömmliche Cremes, aber auch Hightech-Artikel mit Nanotechnologie.

Unternehmen, die sich in Russland engagieren, fühlen sich zudem unter Druck gesetzt. Zum Beispiel von den USA. Der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft berichtet von Firmen, die die Erwartung der USA deutlich spüren, die Geschäfte mit den Russen einzustellen. Zudem befürchten Unternehmer, dass sich die russischen Partner nun zunehmend neue Geschäftsfelder in Asien suchen. So hat es auch die Deutsch- Russische Handelskammer in einem Positionspapier für die Bundesregierung formuliert: "Das entstehende Vakuum wird mit hoher Wahrscheinlichkeit von anderen Ländern gefüllt."

Potenzial weiterhin hoch - trotz Krise

Der Ost-Ausschuss, der unter anderem vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), dem Handwerk und dem Bankenverband getragen wird, gibt keine generellen Empfehlungen für deutsche Firmen. Der Geschäftsführer, Rainer Lindner, rät aber zur Vorsicht. Dort, wo gekämpft werde, gelte es die Mitarbeiter zu schützen. "Ansonsten aber bleiben sowohl Russland, als auch die Ukraine wichtige Märkte. Da haben wir viele entsprechende Unternehmen vor Ort, die natürlich auch weiter dort Geschäfte machen wollen." Deshalb werde aktuell auch keine Empfehlung ausgesprochen, den Markt zu verlassen.

Alternativen in Nahost und Japan

Collonil-Chef Becker ist optimistisch, dass sich die verfahrene Situation schon bald bessere. "In der Ukraine und in Russland gibt es sehr viele gut ausgebildete Menschen, die wissen, wie wichtig ein respektvoller Umgang miteinander ist - diese Menschen werden sich durchsetzen." Dennoch sucht auch er sich neue Märkte, dazu gehören die Vereinigten Arabischen Emirate oder Japan, denn "diese Länder können über die Schwierigkeiten in Osteuropa hinweghelfen."

Sollte sich die Bundesregierung für Wirtschaftssanktionen gegen Russland aussprechen, würde der Industrieverband BDI diese unterstützen. Frieden und Freiheit stünden über wirtschaftlichen Interessen. Auf der anderen Seite: Der Ost-Ausschuss sieht für Russland und die Ukraine auch im derzeitigen schwierigen Umfeld Chancen. Die Immobilienpreise seien teilweise sehr niedrig, es gebe gute Gelegenheiten. In Gegenden, die nicht betroffen seien von den Unruhen "macht das weiterhin Sinn, sich zu engagieren", so Geschäftsführer Lindner.