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Pakistan: Offensive gegen Islamisten?

Shamil Shams24. Januar 2014

Pakistans Militär hat eine Offensive gegen militante Islamisten im Grenzgebiet zu Afghanistan gestartet. Geht die Regierung nun endlich gegen die Taliban vor, wie die USA schon lange fordern?

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Pakistanischer Soldat mit Gewehr
Bild: picture-alliance/Photoshot

Seit Jahren fordern die USA, Pakistan solle militärisch gegen das Haqqani-Netzwerk vorgehen, das im pakistanischen Stammesgebiet Nord-Wasiristan an der Grenze zu Afghanistan quasi die Macht übernommen hat. Das Haqqani-Netzwerk ist eine mächtige Taliban-Fraktion, die in Ost-, Nord- und Zentral-Afghanistan operiert und Anschläge verübt. Die Terror-Organisation ist eng mit Al-Kaida verbunden und wird nach Ansicht von Experten vom pakistanischen Geheimdienst ISI unterstützt.

Die USA sind überzeugt, dass die Region im Nordwesten Pakistans als Rückzugsgebiet für die Taliban und Al-Kaida-Milizen dient und gleichzeitig Ausgangspunkt ist für Angriffe auf die internationalen Truppen im Nachbarland Afghanistan. Bisher hatte Pakistan sich jedoch immer geweigert, dem Drängen der USA nachzugeben. Die Zeit sei noch nicht reif für eine groß angelegte Offensive gegen die militanten Islamisten, so verlautete aus Islamabad.

Luftschläge gegen Taliban

Doch in diesen Tagen schien es so, als hätte die pakistanische Regierung ihre Meinung geändert. Am Montag (20.01.) bombardierte die pakistanische Luftwaffe mutmaßliche Taliban-Stellungen im Grenzgebiet zu Afghanistan. Nach Angaben aus Sicherheitskreisen wurden 40 Aufständische getötet, die meisten von ihnen "ausländische Kämpfer". Auch drei Deutsche, offenbar mit Verbindung zu Al Kaida, seien unter den Toten, heißt es aus Pakistan. Außerdem sei Wali Muhammad, ein Führer der pakistanischen Taliban, bei den Luftschlägen ums Leben gekommen.

Zerstörter Bus nach einem Bombenattentat der Taliban (Foto: DW/Imtiaz Ahmad)
Anschlag auf einen Bus mit schiitischen Pilgern: Gewalt und Anschläge nehmen zuBild: DW/A. Ghani Kakar

Sicherheitsexperten in Pakistan betrachten die Offensive mit gemischten Gefühlen. Manche argumentieren, dass diese die Bemühungen der Regierung, in einen Dialog mit den Aufständischen einzutreten, erschweren oder sogar verhindern könnten.

Vergeltung mit Gewalt

Die Taliban und ihre extremistischen sunnitischen Partnerorganisationen hatten das Dialogangebot Islamabads abgelehnt. Nun, nach den Luftschlägen in Nord-Wasiristan, scheinen sie noch entschlossener zu sein, im Land Unruhe zu stiften. Shahidullah Shahid, Sprecher der pakistanischen Taliban, warnte bereits vor Racheakten, zu denen sich seine Gruppe nun gezwungen sehe.

In den Tagen nach den Luftangriffen hat die Gewalt tatsächlich zugenommen. Einen Tag später, am 21. Januar, bombardierten die Taliban einen mit schiitischen Pilgern besetzten Bus. 24 Menschen kamen nach Behördenangaben dabei ums Leben. Die Gläubigen waren auf dem Weg vom Iran nach Quetta, der Hauptstadt von Pakistans Südwestprovinz Belutschistan. Kurz danach griffen die Aufständischen im Nordwesten ein Polio-Impfteam an, töteten sechs Soldaten, die es schützen sollten, und ein Kind. Auch in der südlichen Metropole Karatschi kamen bei Schüssen auf Mitarbeiter der staatlichen Impfkampagne gegen Kinderlähmung drei Menschen ums Leben.

Friedensgespräche

Premierminister Nawaz Sharif machte im vergangenen Jahr nach seinem Wahlsieg klar, dass seine Regierung die Anti-Terror Politik der Vorgängerregierungen nicht fortsetzen werde. Statt dessen wolle man mit den militanten Islamisten, darunter die Taliban, in Friedensgespräche eintreten.

Nizamuddin Nizamani, politischer Beobachter aus Karatschi, glaubt, dass die von der Regierung anvisierten Friedensgespräche nun "in weite Ferne gerückt" sind. Er ist ohnehin der Ansicht, dass es ohnehin keine Notwendigkeit gebe, mit "Terroristen" zu verhandeln: "Die Regierung ist vielleicht an Gesprächen mit den Aufständischen interessiert, aber die Taliban selber und ihre Verbündeten haben bisher keinerlei Interesse an Verhandlungen gezeigt. Im Gegenteil, sie haben ihre Angriffe sogar noch weiter verstärkt", betont er.

Afghanistans Präsident Hamid Karzai mit Pakistans Premier Nawaz Sharif am Rednerpult (Foto: Reuters)
Pakistans Premier Nawaz Sharif will die Friedensgespräche Afghanistans mit den Taliban unterstützenBild: REUTERS

Der schiitische Geistliche Allama Ameen Shaheedi ist der gleichen Ansicht: "Diejenigen, die auf eine Friedenslösung mit den Taliban hoffen, leben in einer Traumwelt", so Shaheedi gegenüber der Deutschen Welle. "Die Taliban haben nicht einen Tag lang mit ihren Angriffen nachgelassen. Eine militärische Operation wie die jüngsten Luftschläge ist die einzig richtige Art, mit ihnen umzugehen. Der Staat muss seine Macht behaupten und das Land vor diesen Terroristen retten", sagt er.

"Keine klare Strategie"

Trotz der jüngsten Luftangriffe glauben pakistanische Sicherheitsexperten nicht daran, dass die Regierung tatsächlich beabsichtigt, der Gewalt militanter Islamisten konsequent Einhalt zu gebieten.

Politikexperte Nizamani sagt, die Militäroperation in Nord Wasiristan "sollte nicht als wirkliche Militäroffensive betrachtet werden und sie sei kein Zeichen für einen Politikwechsel." Die Regierung bezeichne die Luftschläge als Vergeltung für die Angriffe der Taliban auf pakistanische Sicherheitskräfte, so Nizamani: "Mehr war das nicht. Islamabad hat nach wie vor kein klares Konzept für den Kampf gegen den Terrorismus. Niemand sollte diese Offensive für den Entschluss halten, endlich gegen die militanten Islamisten und ihren Terror vorzugehen."