Pakistans schmelzende Gletscher
Pakistan ist stark von Gletschersee-Überschwemmungen bedroht. Die Dörfer im Karakorum-Gebirge zeigen, warum auf der COP28 um finanzielle Unterstützung für die Opfer des Klimawandels gerungen wird.
Massiv ohne Eis
Der Karakorum gilt als das höchste Gebirge der Welt. Auch wenn es nicht den Mount Everest beheimatet, finden sich in dieser Bergkette mit dem K2 der zweithöchste Berg der Erde sowie mit Broad Peak, Gasherbrum I und Gasherbrum II drei weitere Achttausender. Der Karakorum erstreckt sich über den Norden Pakistans, Indiens und den Westen Chinas.
Gefährliche Lage
Das Dorf Passu am Fuße des Passu-Gletschers im Karakorum ist von der fortschreitenden Gletscherschmelze direkt betroffen. Das Tauwasser sammelt sich in Gletscherseen, die immer weiter anwachsen. Irgendwann brechen die natürlichen Dämme und gewaltige Wassermassen strömen ins Tal. 2008 wälzte sich eine Flutwelle durch Passu. Deshalb gibt es hier jetzt ein Frühwarnsystem.
Verheerende Folgen
Was es bedeutet, wenn ein sich stetig füllender Gletschersee zur Flut wird, musste Zahra Ramzan schmerzlich erfahren. Eine verheerende Überschwemmung zerstörte nicht nur Ackerland, riss Brücken und Gebäude mit sich, sondern auch ihren 11-jährigen Sohn Ali Mohammad. "Ich trauere so sehr um ihn. Ich habe meinen Sohn nie wiedergesehen, nicht einmal seine Leiche", sagt sie mit einem Foto in der Hand.
Genaue Beobachtung
Tariq Jamil ist Vorsitzender des kommunalen Risikomanagements. Er beobachtet den Gletscher im Hunza-Tal, misst und dokumentiert die Bewegung des Eises. Es ist schwierig vorherzusagen, wie stabil die Ränder der Gletscherseen sind und wann eine Flutwelle droht. Dennoch arbeiten er und sein Team an Evakuierungsmaßnahmen und einem Frühwarnsystem wie in Passu.
Mangelnde Finanzierung
Tariq Jamil hält Eisbrocken des abschmelzenden Shisper Gletschers in der Hand. Jeden Sommer beraten er und sein Team aus dreiundzwanzig Helfern mit weiteren Experten und Beratern. Klar ist: es fehlt an Geld. Das Team hofft auf eine internationale Finanzierung für eine 20-mal so lange Sperrmauer sowie zinslose Kredite für den Wiederaufbau zerstörter Häuser, aber auch auf besseren Mobilfunkempfang.
Teurer Klimawandel - wenig Hoffnung
Der von den Vereinten Nationen geschätzte Bedarf liegt bei 200 Milliarden Dollar allein bis zum Jahr 2030. Das International Centre for Integrated Mountain Development (ICIMOD) erklärt, dass die Veränderungen der Gletscher in der Hindukusch-Himalaya-Region "weitgehend irreversibel" wären. In der Region gibt es nicht weniger als 200 Gletscherseen, die eine Gefahr darstellen.
Die Heimat verlassen?
Tariq Jamils Familie hadert mit dem Gedanken, alles hinter sich zu lassen. "Wenn die Flut kommt, werden wir die Natur, unser Dorf, unsere Nachbarn und Verwandten vermissen", sagt seine 15-jährige Tochter Tehzeeb. Tariq weiß, dass dieser Tag kommen könnte. Aber in der Stadt würde er sich "wie ein Vogel in einem Käfig" fühlen. Deshalb will er sich weiter für den Erhalt seines Dorfes einsetzen.