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"Das Gute gewinnt immer"

31. Dezember 2015

Der "Rücksichtslosigkeit des Bösen" stellte der Papst in seiner Silvesterpredigt "Gesten der Liebe" entgegen. Die Kirchen in Deutschland fanden deutlichere Worte: Sie forderten Entschiedenheit gegenüber Radikalismus.

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Papst Franziskus bei seiner Vesper Neujahrsmesse im Petersdom. (Foto: Getty Images/F.Monteforte)
Bild: Getty Images/F.Monteforte

Papst Franziskus hat in seiner Silvesterpredigt dazu aufgerufen, den Glauben an das Gute nicht zu verlieren. "Das Gute gewinnt immer, auch wenn es in manchen Momenten schwächer und unsichtbar zu sein scheint", sagte er in einem Gottesdienst zum Jahresabschluss im Petersdom. Das Jahr 2015 sei zwar einerseits von "unsagbaren Leiden vieler Unschuldiger" geprägt, insbesondere von Flüchtlingen. Diese seien "gezwungen worden, ihre Heimat zu verlassen", ohne feste Unterkunft, Nahrungsmittel und Unterhalt. Zugleich habe es "großartige Gesten der Güte, der Liebe und der Solidarität" gegeben, "auch wenn sie nicht in die Fernsehnachrichten gekommen sind". Diese Zeichen der Liebe könnten und dürften nicht "von der Rücksichtslosigkeit des Bösen verdunkelt werden".

Auch die Kirchen in Deutschland riefen an Silvester zu Solidarität mit Flüchtlingen und Entschiedenheit gegenüber Radikalismus auf. Hamburgs Bischöfin Kirsten Fehrs sagte, trotz verstörender Ereignisse wie die Terroranschläge in Paris und der Syrien-Krieg sei 2015 auch ein gutes Jahr gewesen. So habe Deutschland eine Million Flüchtlinge aufgenommen. Die feste Gewissheit, dass das Gute sich am Ende durchsetzen wird, sei vielleicht der wichtigste Beitrag der christlichen Tradition für das Zusammenleben, sagte Fehrs in ihrer Neujahrsbotschaft. Dieser Glaube sei eine gute Grundlage für eine breite gesellschaftliche Debatte zum Thema Integration als wichtigste Aufgabe im kommenden Jahr.

"Neue Maßstäbe für ein gelindes Leben"

Der Kardinal Karl Lehmann sieht in der weltweiten Flüchtlingskrise ein Anzeichen dafür, dass die "globalisierte Welt nicht mehr statisch, weit von uns weg, irgendwie eine abstrakte Angelegenheit ist". "Die Globalisierung zeigt ihre Auswirkungen nicht nur in fernen Ländern, sondern die betroffenen Menschen bringen sie in unsere Länder, ja sogar in unsere eigenen Häuser", sagte Lehmann in seiner Silvesterpredigt im Mainzer Dom. "Wir werden in vielem im Blick auf unsere Maßstäbe für ein gelingendes Leben umdenken müssen, nicht nur auf uns allein schauen dürfen, sondern diese Fremden an unseren eigenen Lebenschancen teilnehmen lassen müssen."

Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki sagte, Terroristen wie die, die zu Beginn des Jahres die Redaktion des Pariser Satiremagazins "Charlie Hebdo" überfielen und zwölf Menschen töteten, wollten Märtyrer sein. Doch im Namen der Religion verkehrten diese Ideologen den Inhalt ins Gegenteil, machten etwa aus dem Islam Islamismus und trieben einen Keil in die Gesellschaft, so der Kardinal im Jahresabschlussgottesdienst im Kölner Dom. "Ein Märtyrer unserer Tage, das ist sicherlich der junge Muslim aus Mali, Lassana Bathily, der während der Geiselnahme durch einen islamistischen Attentäter am Tag der Attentate auf 'Charlie Hebdo' mehrere Besucher im Kühlraum eines jüdischen Pariser Supermarkts versteckte."

"Wir brauchen religiöse Alphabetisierung"

Der Kirchenpräsident der Evangelisch-reformierten Kirche, Martin Heimbucher, warb für einen intensiven christlich-islamischen Dialog. Angesichts der schrecklichen Nachrichten aus Europa, dem Nahen Osten und aus Afrika sei der Kontakt zu den muslimischen Nachbarn und den muslimischen Nachbargemeinden unverzichtbar, sagte er. Es sei eine Aufgabe für alle christlichen Gemeinden und Theologen, sich gegenüber den Muslimen kundig und sprachfähig über den Islam zu machen, sagte Heimbucher. "Da brauchen wir eine Art religiöse Alphabetisierung." Problematisch sei, dass beide Religionen einen Überbietungsanspruch in sich trügen, sagte Heimbucher. Beide beriefen sich auf eine unumstößliche Glaubenserkenntnis, "gefolgt von dem Reflex, wir sind besser als die anderen". Als die Christen von einer Minderheit zu einer Mehrheit wurden, hätten sie ihre scheinbare Überlegenheit an den Juden ausgelassen, "mit grässlichen Folgen". Erst nach dem Massenmord an den Juden in der NS-Zeit hätten die Christen begonnen, dies aufzuarbeiten. Die Geschichte zeige, dass dies ein sehr langer Lernprozess ist, unterstrich Heimbucher.

pab/wa (dpa, epd, kna)