Papst fordert Solidarität mit Fukushima-Opfern
25. November 2019Papst Franziskus hat den Opfern der Katastrophe von Fukushima Mut zugesprochen und mehr Unterstützung für sie gefordert. "Keiner baut sich von selbst wieder auf, keiner kann von allein wieder anfangen", sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche in Tokio. Er traf dort Opfer des verheerenden Tsunamis und der anschließenden Atomkatastrophe, die sich am 11. März 2011 in Fukushima ereignet hatten.
Japan habe gezeigt, "wie ein Volk in Solidarität, Geduld, Beharrlichkeit und Durchhaltevermögen zusammenstehen kann", so der Papst. Gleichzeitig mahnte er, die Betroffenen seien auf dauerhafte Hilfe, Einsatz und Solidarität durch die Gemeinschaft angewiesen. Zudem gelte es, das zerstörte Gesellschaftsgefüge wiederaufzubauen.
50.000 Menschen leben weiter in Notunterkünften
Franziskus erinnerte an mehr als 50.000 Evakuierte der Katastrophe, die seit acht Jahren immer noch in provisorischen Unterkünften wohnen müssten. Viele Bewohner der betroffenen Gebiete fühlten sich inzwischen vergessen mit ihren nicht endenden Problemen: Dazu zählten verseuchte Böden und Wälder sowie die langfristigen Auswirkungen der Strahlung.
Durch die Flutwelle starben an der Ostküste von Honshu offiziell 18.537 Menschen; mehr als 2.600 von ihnen wurden nie gefunden. Fast eine halbe Million Menschen musste in Notunterkünften untergebracht werden. 375.000 Gebäude wurden ganz oder zum Teil zerstört. In drei der sechs Reaktorblöcke von Fukushima kam es zu Kernschmelzen. Große Mengen radioaktiven Materials wurden freigesetzt und verseuchten Luft, Böden, Wasser und Nahrungsmittel. Rund 170.000 Bewohner wurden in den folgenden Tagen aus den betroffenen Gebieten umquartiert. Die Zahl der Toten im havarierten Atomkraftwerk und in unmittelbarer Nähe wurde mit etwa 600 angegeben. Langfristig wird mit bis zu 10.000 Todesopfern gerechnet.
Bischöfe fordern Abschaffung der Atomkraft
Der Papst erwähnte, dass sich japanische Bischöfe im Vorfeld besorgt über die fortdauernde Nutzung der Kernenergie im Land geäußert und eine Abschaffung der Atomkraftwerke verlangt hatten. Explizit zu eigen machte er sich die Forderung nicht.
Die Opfer selbst ermunterte Franziskus, "jeden Tag nach und nach vorwärts zu gehen". Auch kleine Schritte seien wichtig, um für sie selbst und die künftigen Generationen eine Zukunft in "Solidarität und gegenseitigem Einsatz aufzubauen".
Zuvor hatten fünf Frauen und Männer über ihre leidvollen Erfahrungen mit der Atom- und Flutkatastrophe berichtet. Der 16-jährige Matsuki Kamoshita erinnerte daran, dass es wesentlich länger als seine eigene Lebensspanne dauern werde, das verseuchte Land und seine Wälder wieder aufzubauen. Die Erdbebenüberlebende Toshiko Kato schilderte, wie ihr Haus zusammen mit dem gesamten Dorf und dem Deich fortgerissen wurde.
Zusammenkunft von Papst von Kaiser
Später wurde Franziskus von Kaiser Naruhito zu einer rund 20 Minuten dauernden Unterredung empfangen. Wie japanische Journalisten anschließend berichteten, habe der Kaiser dem Papst besonders für sein Treffen mit den Opfern der Katastrophe von 2011 gedankt. In dem Gespräch habe Franziskus auch berichtet, wie er als Neunjähriger vom Atombombenabwurf in Japan erfahren habe. Darüber hinaus, so heißt es, hätten sich Kaiser und Papst über Umweltfragen unterhalten. Ein besonderes Interesse des Kaisers gilt Fragen der Wasserversorgung.
Anschließend traf das Kirchenoberhaupt mit dem japanischen Ministerpräsidenten Shinzo Abe zusammen. Dabei sicherte dieser den "unermüdlichen Einsatz" für einen Dialog zwischen Nuklearmächten und atomwaffenfreien Ländern zu. Auch Franziskus betonte, das Problem der Nuklearwaffen könne nur auf multilateraler Ebene angegangen werden.
sti/se/haz (kna, dpa)