Papst ruft zur Erneuerung des Glaubens auf
21. August 2005Der Gottesdienst war der Höhepunkt der sechstägigen katholischen Großveranstaltung. Mit seinem Papamobil und begleitet von Glockenläuten fuhr der Papst durch die Pilgermassen, die ihn mit lautem Jubel, Benedetto-Rufen und einem Meer aus wehenden Fahnen empfingen. Winkend grüßte der 78-Jährige die jungen Leute. Über Großleinwänden wurden die Jugendlichen aufgerufen, enger zusammenzurücken, um Platz für weitere Pilger zu machen. Auch rund 10.000 Geistliche, darunter viele Kardinäle und Bischöfe, nahmen an der Abschlussmesse teil, die als größter Gottesdienst gilt, die jemals in Deutschland stattgefunden hat.
Gottvergessenheit und Konsum
"Ich weiß, dass Ihr als junge Menschen das Große wollt, dass Ihr Euch einsetzen wollt für eine bessere Welt", sagte der Papst in seiner Predigt und rief die die jungen Menschen aus aller Welt zu einer Erneuerung des Glaubens auf. "Heute gibt es in großen Teilen der Welt eine merkwürdige Gottvergessenheit", mahnte das Kirchenoberhaupt. Daneben gebe es zugleich "so etwas wie einen Boom des Religiösen". Dabei werde Religion weithin "geradezu zum Marktprodukt". In der Krise aber lasse die selbstgesuchte Religion die Menschen allein.
Bei dem Gottesdienst wurde die "Messe der Welt" von Thomas Gabriel uraufgeführt. In dem Werk setzte der Seligenstädter Komponist und Kantor die fünf Gottesdienstteile mit den Kontinenten in Verbindung. Es ertönte ein europäisches Kyrie, ein südamerikanisches Gloria und ein indisches Credo. Das Sanctus prägten afrikanische Trommelrhythmen, Didgeridoos erklangen beim australischen Agnus Dei.
Benedikt XVI. hatte bereits am Samstagabend auf dem ehemaligen Tagebaugelände eine feierliche Nachtwache abgehalten. Im Anschluss an diese Vigil verbrachten weit mehr als 500.000 Jugendliche die Nacht unter freiem Himmel auf dem Marienfeld. Die Jugendlichen übernachteten in Schlafsäcken und schützten sich mit unter anderem mit Plastikplanen gegen die für August ungewöhnliche Kälte.
Positives Echo und päpstliche Schelte
Der Weltjugendtag ist bei Spitzenpolitikern auf ein positives Echo gestoßen. Bundeskanzler Gerhard Schröder sprach von einem Zeichen für die Toleranz Deutschlands. Die sichtbare Begeisterung und die Bereitschaft der deutschen Jugend zu Internationalität zeigten, dass die Jugendlichen "diese Offenheit und Toleranz leben", sagte Schröder im Deutschlandfunk. Unions-Kanzlerkandidatin Angela Merkel sagte im ZDF, es habe sie gerührt, "wie offen die jungen Leute über Gott sprechen". Der Papst hatte am Samstag in Köln den Bundeskanzler sowie seine Herausforderin Merkel zu Privataudienzen empfangen.
Danach traf Benedikt XVI. in Köln mit den deutschen Bischöfen zusammen. Dabei beklagte das Kirchenoberhaupt eine fortschreitende Verweltlichung. Deutschland sei zum Missionsland geworden. Besorgnis erregend sei vor allem die religiöse Situation im Osten, wo die Mehrheit der Bevölkerung nicht getauft sei und keinerlei Kontakt zur Kirche habe. Die Kirche in Deutschland müsse neue Wege finden, um die jungen Menschen zu erreichen, sagte der Papst.
Rückflug mit Abstecher
Am frühen Sonntagabend trat der Pontifex nach der Verabschiedung durch Bundespräsident Horst Köhler auf dem Flughafen Köln-Bonn mit dem Lufthansa-Airbus "Regensburg" die Rückreise nach Rom an. Abweichend von der üblichen Flugroute führte der Flug unter anderem über den Geburtsort des Papstes, Marktl am Inn. (wga)