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Paralympics: Gold für Schulz und Baus

29. August 2021

Deutschlands Mannschaft bei den Paralympischen Spielen in Tokio steigert sich: Am 5. Wettkampftag gewinnen Triathlet Martin Schulz und Tischtennisspieler Valentin Baus die Goldmedaille.

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Tokyo 2020 Paralympics l Triathlon - Martin Schulz
Goldjunge Schulz: "Einheiten im Hitzezelt mit Luftbefeuchter und Heizstrahler"Bild: Miho Ikeya/AP/picture alliance

Das erste Gold war im Bereich des Erwartbaren gewesen, das zweite eine Überraschung: Innerhalb von gerade einmal 77 Minuten durfte sich das deutsche Paralympics-Team am 5. Wettkampftag in Tokio über die ersten beiden Goldmedaillen freuen. Am frühen Morgen lief Triathlet Martin Schulz bei Temperaturen jenseits der 30 Grad und einer Luftfeuchtigkeit von über 80 Prozent als Erster über die Ziellinie und schrie seine Freude heraus. "Ich bin sehr happy, mir ist alles aufgegangen. Es war ein cooles Rennen", sagte Schulz, dem seit Geburt ein Unterarm fehlt, nach dem Rennen. Für den 31-Jährigen war es nach Rio 2016 der zweite Sieg bei den Paralympics.

Nach 750 Metern Schwimmen, 20 Kilometern Radfahren und fünf Kilometern Laufen lag er in der Startklasse PTS5 am Ende 45 Sekunden vor dem zweitplatzierten Briten George Paesgood, der lange geführt und auf den der Deutsche nach dem Schwimmen noch eine Minute Rückstand hatte.

Vorbereitung mit Luftbefeuchter und Heizstrahler

Schulz hatte sich auf die extremen Bedingungen besonders vorbereitet. "Ich habe gelegentlich im Schwimmbad mein Fahrrad aufgestellt", erzählte der Leipziger bereits vor der Abreise nach Japan: "Dazu habe ich Einheiten im Hitzezelt mit Luftbefeuchter und Heizstrahler gemacht. Da waren 38 Grad und 80 Prozent Luftfeuchtigkeit." Es zahlte sich aus und Schulz brach mit seinem Erfolg den Bann für das deutsche Para-Team. Nachdem es zuvor vier Tage lang keinen deutschen Sieg gegeben hatte, war der Erwartungsdruck bereits groß gewesen.

"Am Abend vor dem Rennen ist meinem Trainer und mir im Zimmer bewusst geworden, dass wir das Glück haben, die Ersten sein zu dürfen und dass ich das erste Gold holen kann", sagte Schulz. "Das war wirklich so ein Ding, was mich auf dem letzten Laufkilometer nochmal gepusht hat." Die erste "Gold-Rakete" habe gezündet, freute sich auch DBS-Präsident Friedhelm Julius Beucher: "Wir alle sind so glücklich und so froh. Es ist wirklich etwas abgefallen."

Gold auch für Baus im Tischtennis

Kurze Zeit später gab die nächste Goldmedaille, diesmal allerdings eine, mit der man nicht rechnen konnte. Trotz Satzrückstands gegen den favorisierten Chinesen Cao Ningnin, setzte sich Tischtennisspieler Valentin Baus am Ende mit 3:2 durch. "Es ist unbeschreiblich", sagte der 25-Jährige, der im Finale von Rio noch gegen Ningnin verloren hatte: "Wir haben so lange so hart gearbeitet. Nicht nur ich, sondern auch meine Trainingspartner, mein Trainer, Betreuer. Es kommt gerade alles zusammen."

Tokyo 2020 Paralympic Games | Valentin Baus
Gewinner Baus: Revanche für Pleite von RioBild: Axel Kohring/Beautiful Sports/imago

Baus hat erblich bedingt die sogenannte Glasknochenkrankheit, seit 2008 sitzt er deshalb im Rollstuhl. Wie viele Knochenbrüche er in seinem Leben schon gehabt hat, weiß er nicht. "Bestimmt 20, oder mehr", sagte er einmal. "Ich hatte schon alles gebrochen: die Arme, das Schlüsselbein und besonders oft die Oberschenkel." Baus muss daher ständig aufpassen, auch wenn er "nicht so der vorsichtige Mensch" sei. "Bei Stürzen passiert schnell was." Einfach nur zu Hause rumsitzen und nichts machen, möchte Baus trotz seiner Krankheit aber auch nicht. Als Jugendlicher hat er mit Glasknochen sogar Fußball gespielt. Mittlerweile gehört seine Leidenschaft aber dem Tischtennis.

Disqualifikation nach Bronze, Silber im Speerwurf

Pech hatte Leichtathletin Nicole Nicoleitzik. Die Sprinterin wurde nach ihrem dritten Platz über die 200 Meter disqualifiziert, weil sie im Finale der Klasse T36 ihre Bahn verlassen hatte, wofür sie nachträglich bestraft wurde. Die deutsche Mannschaft verzichtete auf einen Protest. Damit muss die 26-Jährige weiter auf ihre erste Medaille bei Paralympischen Spielen warten.

Besser lief es für Speerwerferin Frances Herrmann, die die insgesamt dritte Medaille für die deutschen Leichtathleten in Tokio gewann. Die 32-Jährige warf in der Klasse F34 mit 17,72 Metern Saisonbestleistung und sicherte sich die Silbermedaille. Insgesamt holte die im Rollstuhl sitzende Herrmann damit ihr drittes Edelmetall bei Paralympics. 2008 hatte sie Silber mit dem Diskus gewonnen, 2016 in Rio Bronze mit dem Speer.

Judoka Oliver Upmann hat in Tokio die Bronzemedaille verpasst. Der 33-Jährige verlor das kleine Finale in der Klasse bis 100 Kilogramm gegen den Russen Anatolij Schewtschenko durch Ippon. Damit blieb der Deutsche Behindertensportverband (DBS) erstmals seit Atlanta 1996 im Judo ohne Edelmetall.

Rollstuhlbasketballerinnen auf Kurs

Die deutschen Rollstuhlbasketballerinnen haben ihr erstes Zwischenziel auf dem Weg zu einer Medaille bei den Paralympics beeindruckend gemeistert. Die Mannschaft um Kapitänin Mareike Miller bezwang Gastgeber Japan mit 59:54 (22:26) und sicherte sich nach vier Spielen mit weißer Weste den Sieg in Gruppe A. Am Dienstag steht nun das Viertelfinale gegen den Vierten der Gruppe B auf dem Programm.

Die deutschen Herren müssen derweil trotz des 71:50 (37:25) gegen Außenseiter Algerien weiter zittern, das Gruppenfinale gegen den WM-Vierten Iran wird am Montag (4.30 Uhr MESZ) zum Endspiel ums Viertelfinale. "Das ist ein 50:50-Spiel", sagte Bundestrainer Nicolai Zeltinger: "Das wird ein Riesenkampf. Aber Kampf alleine wird nicht reichen, es muss auch viel gute Spielkultur dabei sein." Bester deutscher Werfer war Thomas Böhme mit 21 Punkten.

AR/fab/asz (SID, dpa)