"Paris spart, wenn Berlin investiert"
20. Oktober 2014Die französischen Ressortchefs für Finanzen und für Wirtschaft, Michel Sapin und Emmanuel Macron, fordern, dass Deutschland in den kommenden drei Jahren seine Investitionen in gleichem Maße erhöht wie Frankreich Einsparungen vornimmt. "50 Milliarden Euro Einsparungen bei uns und 50 Milliarden zusätzliche Investitionen bei Ihnen - das wäre ein gutes Gleichgewicht", sagten die beiden sozialistischen Politiker der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".
"Deutschland kann - Frankreich nicht"
"Es ist unser kollektives Interesse, dass Deutschland investiert." Die 50 Milliarden Euro wären für Deutschland auch problemlos mit einer seriösen Haushaltspolitik zu vereinbaren, betonte Macron. Frankreich dagegen fehlten die Mittel für mehr Ausgaben. Beide Minister warnten zugleich vor einer "übertriebenen Sparpolitik". Sapin erklärte: "In den Ländern, die ihre Haushalte konsolidieren müssen, geht es darum, die staatlichen Investitionen zu erhalten. Das tun wir."
Angesichts der sich eintrübenden Konjunktur in Europa wird in der EU derzeit heftig über die richtige Balance zwischen Sparpolitik und einer durch Investitionen geförderten Wachstumspolitik diskutiert. Frankreich wird auch in den nächsten zwei Jahren die EU-Defizitgrenze von drei Prozent verfehlen und gilt als großer Problemfall in der Eurozone. Auch Deutschland stellt sich auf ein etwas geringeres Wachstum ein als zunächst erwartet. Für 2014 wird statt 1,8 Prozent nur noch ein Plus von 1,2 Prozent bei der Wirtschaftsleistung erwartet, für 2015 ein Zuwachs von 1,3 Prozent.
Treffen in Berlin
Vor diesem Hintergrund kommen Sapin und Macron an diesem Montag in Berlin mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) zu Beratungen über gemeinsame Wege zur Förderung von Investitionen zusammen. Gabriel und Macron haben zwei Ökonomen aus ihren Ländern beauftragt, ein gemeinsames Papier zum Thema Reformbedarf in Frankreich und in Deutschland zu erarbeiten. Es geht um Strukturreform-Vorschläge unter anderem für Investitionen.
Schäuble hatte am Wochenende erklärte, er wolle die Investitionen, ohne aber 2015 neue Schulden aufzunehmen. "Wir müssen mehr investieren und unsere Wettbewerbsfähigkeit verbessern. Da müssen wir ran - und zwar bald und konkret", sagte der CDU-Politiker der "Welt am Sonntag". Auf die Frage, ob das Vorhaben einer "schwarzen Null" im Bundeshaushalt für 2015 angesichts der Konjunktur-Abschwächung noch zu halten sei, erklärte der CDU-Politiker: "Davon gehe ich fest aus."
Nach Angaben des Finanzministeriums hat sich das schwächere Wirtschaftswachstum bisher nicht negativ auf die Steuereinnahmen durchgeschlagen. Im September sei das Steueraufkommen im Vergleich zum Vorjahresmonat um 4,7 Prozent gestiegen.
wl/sti (dpa, afp, rtr)