Demokratisches Make-up?
13. Dezember 2008Erdgas und Personenkult - das sind die Schlagworte, die bisher im Zusammenhang mit der zentralasiatischen Republik Turkmenistan genannt wurden. Doch in letzter Zeit fallen auch andere Begriffe: Von einer vorsichtigen Öffnung des Landes ist die Rede, einem Ende der Isolation und kleinen Schritten Richtung Demokratie.
Das liegt am Machtwechsel, der mittlerweile schon knapp zwei Jahre zurückliegt. An der Spitze des Landes steht als Präsident nicht mehr der so genannte Turkmenbaschi, der pompös verehrt wurde. Er starb im Winter 2006. Seitdem wird das Land von einem Mann mit dem für deutsche Ohren komplizierten Namen Gurbanguly Berdymuchammedow geführt.
Internetcafé und Zirkus
Er setzte Signale, die die internationale Gemeinschaft einhellig begrüßte: Er ließ Internetcafés einrichten. Auch Zirkus und Oper - zuvor jahrelang verboten - sind wieder erlaubt. Im September dieses Jahres erhielt Turkmenistan eine neue Verfassung, und nun sollen die Menschen ein neues Parlament wählen. Erstmals seit Jahrzehnten sind dazu auch wieder Wahlbeobachter internationaler Organisationen wie der OSZE zugelassen.
Das klingt nach Fortschritten - aber viele Experten, Wissenschaftler und Menschenrechtler beobachten die Entwicklung in Turkmenistan skeptisch. So auch die deutsche Zentralasien-Expertin Andrea Schmitz von der Stiftung Wissenschaft und Politik: "Die Wahlen haben mit Demokratie kaum etwas zu tun. Die Funktion der Wahlbeobachtungsmission wird darin bestehen, zu sehen, ob das demokratische Make-up sitzt."
Kosmetik?
Ähnlich kritisch sieht die Wahlen auch Michael Laubsch, Vorsitzender der Nichtregierungsorganisation "Eurasian Transition Group": "Diese Parlamentswahl ist eigentlich nur eine kosmetische Sache", sagt er. Es gebe keinerlei Anzeichen, dass sich Turkmenistan substantiell zu einer Demokratie entwickele. Das Problem sei die Zulassung für Kandidaten, erklärt Laubsch: "Nur ausgewählte Mitglieder der staatstragenden Partei dürfen kandidieren. Die stärksten Oppositionsparteien hatten immer noch nicht die Möglichkeit, ins Land zurückzukehren. Somit können sie automatisch nicht an den Wahlen teilnehmen."
Von Meinungsvielfalt und politischem Wettbewerb kann bei den bevorstehenden Wahlen noch keine Rede sein, da sind sich viele Beobachter einig. Hin zu halbwegs demokratischen Verhältnissen sei es noch ein sehr langer, mühsamer Weg.
Interesse am Öl
Dabei wollen viele westliche Staaten Turkmenistan helfen – und das nicht ganz uneigennützig. Denn das Land hat riesige Vorräte an Erdgas und ist daher als Energielieferant gefragt, auch von Deutschland. Wirtschaftsinteressen auf der einen Seite, Forderung nach Menschenrechten auf der anderen - das führt zwangsläufig zu Konflikten. Der Vorwurf an viele westliche Staaten: Sie hätten nur Geschäfte im Sinn und würden Demokratie-Defizite billigend in Kauf nehmen.
Ein Vorwurf, den auch die deutsche SPD-Bundestagsabgeordnete Heidi Wegener schon oft gehört hat. Als Vorsitzende der deutsch-zentralasiatischen Parlamentariergruppe setze sie sich sehr für einen Dialog zwischen den Staaten ein, sagt sie. "Wir können nichts ändern, wenn wir nicht mit den Menschen im Gespräch sind. Nur auf Gas und Öl zu gucken, ist zu kurz gegriffen."
Dass am Sonntag (14.12.2008) in Turkmenistan wirklich demokratische Wahlen stattfinden, glaubt kaum jemand. Doch im Vergleich zu früheren Verhältnissen im Land scheint jede Bewegung wichtig - als ein kleiner Schritt auf dem langen Weg Richtung Demokratie.