Parteispitze einigt sich auf Gabriel
1. Oktober 2009Die Genossen wollten offenbar nichts anbrennen lassen: Schon vier Tage nach dem schlechstesten Ergebnis aller Zeiten bei einer Bundestagswahl ist die Machtverteilung in der Partei geklärt. Die engste Parteispitze verständigte sich am Donnerstag (01.10.2009) auf eine neue und deutlich verjüngte Führungsriege.
Wie aus Parteikreisen zu erfahren war, einigten sich die Beteiligten darauf, dass Umweltminister Sigmar Gabriel neuer Parteichef wird. Der 50-Jährige tritt damit die Nachfolge von Franz Müntefering an, der auf dem SPD-Bundesparteitag im November in Dresden nicht mehr kandidieren wird.
Vier statt drei Vertreter
Wie verlautete, wird Gabriel als neuer Vorsitzender künftig vier, statt bisher drei, Stellvertreter erhalten. Vorgesehen sind Berlins Regierungschef Klaus Wowereit (56), die NRW-SPD-Landeschefin Hannelore Kraft (48), der bisherige Arbeitsminister Olaf Scholz (51) sowie die Sozialministerin aus Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, deren Aufstieg in die engere SPD-Führung für Überraschung sorgte. Die 35-Jährige war im Wahlkampfteam von SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier tätig, der bereits am Dienstag zum neuen Fraktionschef im Bundestag gewählt worden war.
Nahles wird Generalsekretärin
Das Amt der Generalsekretärin geht an die 39-jährige Parteilinke Andrea Nahles. Die bisherige Vize-Vorsitzende und frühere Juso-Chefin hätte damit die Kontrolle über den Parteiapparat im Willy-Brandt-Haus und könnte ein Gegengewicht zu Gabriel bilden. Dieser benötigt für seine Wahl zum Vorsitzenden auf dem Parteitag Mitte November die Zustimmung des linken Flügels.
Der SPD-Vorstand und das Präsidium sollen die Personalentscheidung schon am kommenden Montag billigen. Offiziell gewählt wird die neue Spitze allerdings erst Mitte November beim Parteitag in Dresden.
Alte Garde entschied mit
Das neue Spitzenteam wurde im engsten Führungskreis bestimmt. Mit dabei waren neben Gabriel, Nahles, Scholz, Wowereit und Kraft auch der gescheiterte Kanzlerkandidat und neue Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sowie der scheidende Parteichef Franz Müntefering.
Die SPD hatte am Dienstag beschlossen, nach der historischen Niederlage bei der Bundestagswahl ihre komplette Führungsspitze auszutauschen. Steinmeier ließ sich am Dienstag zum Fraktionschef wählen. Die Nachfolge des 69-jährigen Müntefering hatte er ausgeschlagen.
Einsatz fürs Klima brachte Respekt
Gabriel ist seit 2005 Umweltminister. Achtung bei Parteifreunden und politischen Gegnern erwarb er sich mit seinem beharrlichen Einsatz für mehr Klimaschutz und gegen Atomkraft. Der frühere niedersächsische Ministerpräsident, der 2003 abgewählt wurde, steht dem rechten Parteiflügel nahe. Bei der Bundestagswahl am Sonntag gewann der Lehrer sein Direktmandat im niedersächsischen Wahlkreis Salzgitter-Wolfenbüttel mit 44,9 Prozent der Erststimmen, 7,4 Prozentpunkte weniger als 2005.
Distanz zu Gabriel
Die designierte Generalsekretärin Nahles war im Bundestag arbeits- und sozialpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion. Es heißt, zu Gabriel habe sie ein distanziertes Verhältnis.
Die neue Parteiführung steht vor schwierigen Aufgaben. Es geht um die künftige Kursbestimmung der Sozialdemokratie und ihr Verhältnis zur Linkspartei.
Autorin: Eleonore Uhlich (dpa,ap,rtr,afp)
Redaktion: Oliver Samson