Pegidas Angst um die Kinderschokolade
25. Mai 2016Pegida-Anhänger sollten nicht mehr Wut- sondern Angstbürger genannt werden. Denn anscheinend macht sie selbst eine Sonderedition der Kinderschokolade zur Europameisterschaft nervös. Statt pausbäckigen, weißen Kindern zieren für kurze Zeit die Kinderfotos der Nationalelf die Verpackungen.
Der Shitstorm begann mit einem Posting der Gruppe "Pegida BW - Bodensee". Sie kommentierten ein Foto von zwei Schachteln, auf denen der BVB-Spieler Gündogan und der Bayern-Verteidiger Boateng zu sehen sind, mit den Worten "vor Nichts wird Halt gemacht".
Daraufhin äußerten sich unter dem Post trotzige Bürger mit "Kaufe ich nicht mehr" oder "das muss ein Fake sein". Ein Nutzer fragt sogar hämisch, ob die neuen Verpackungen als "Warnungen vor Terroristen" dienen sollen.
Angst vor Veränderung
Doch wie kann es eigentlich sein, dass Pegida-Anhänger sich über die Ablichtung von Spielern aufregen, die Deutschland den größten Patriotismus schlechthin vermitteln? Nie sieht man mehr Deutschlandflaggen als zu den Fußballmeisterschaften. "Ich freue mich jetzt schon auf die Fußball EM. Ich fordere hiermit Stadionverbot für Pegidaanhänger!", schreibt ein Twitter-User. Es scheint ein berechtigter Einwand. Jubeln den Pegida-Anhänger nicht, wenn ein Tor für Deutschland geschossen wird?
Sozialpsychologe Rolf van Dick kann sich die Empörung über die Kinderschokolade folgendermaßen erklären: "Es ist allgemein bekannt, dass sehr konservative Menschen eher skeptisch gegenüber Veränderungen sind." Von daher passe eine Abbildung von schwarzen oder türkisch-stämmigen Fußballern nicht in das klassische Bild, das diese Menschen von Deutschland haben.
Und genau damit rechtfertigt die Pegida-Gruppe sich in den Kommentaren. Es gehe "um subtile Veränderungen, die nicht hinterfragt werden dürfen im Zeitalter der Political Correctness". Es ist aber eigentlich nichts Neues, dass Fußballspieler mit Migrationshintergund für Deutschland den WM-Titel nach Hause tragen. Das durften Boateng und Co. bislang. Auf einer Kinderschokoladenpackung dürfen sie es nicht.
Rassismus im Fußball nicht neu
Den Sozialpsychologen Andreas Zick überrascht die Aktion von der Pegida-Gruppe ebenfalls wenig. Schon bei der WM 2006 habe es rassistische Äußerungen gegen den Spieler Owomoyela gegeben. Damals kamen die allerdings von der rechtextremen NPD. Diese brachte ein Flugblatt heraus, auf dessen Vorderseite sein Trikot zu sehen war. Darunter stand "Weiß – nicht nur eine Trikot-Farbe! Für eine echte NATIONAL-Mannschaft"."Die Idee eines weißen und "reinrassigen" Fußballs kommt bei nicht wenigen an. Es gibt zahlreiche Postings im Netz, die sich in rassistischer Weise lustig machen", sagt Zick. Die öffentliche Provokation sei Teil der Erlebniswelt von Pegida. Zick befürchtet, dass das bei der anstehenden Europameisterschaft noch zunehmen wird.
Reaktionen auf Pegida-Posting
Natürlich denkt der Großteil der Deutschen anders. Innerhalb kürzester Zeit macht sich die halbe Social-Media-Welt über die Empörung lustig.
Auf Facebook schreibt eine junge Frau"Ihr wisst schon, dass Ferrero Italienisch ist, oder? Was ist denn euer nächster Schritt? 'DEUTSCHE! Kauft nichts mehr bei Italienern!'?Dieser braune Mist ist echt so intelligenzbefreit...und ganz ehrlich: Super, Ferrero! Keine Kinderschokolade für Nazis!"
Auch das Fußballmagazin 11 Freunde twitterte fleißig und erstellte eine Kinderschokolade für Rassisten. Mit der einzigen Reaktion, die man auf die Debatte haben kann.