Jazzfest Bonn 2018 - perfekte Kommunikation
13. Mai 2018Michael Wollny kam bereits zum vierten Mal zum Jazzfest Bonn. Der Auftritt des Ausnahmepianisten zum Finale am Samstag wurde erneut ein besonderes Erlebnis für Jazzfans. Gemeinsam mit dem Bassisten Christian Weber und dem Schlagzeuger Eric Schaefer führte er in die hohe Kunst des Trio-Spiels ein. Zuvor präsentierte der Klarinettist Martin Albrecht seine Interpretationen und Weiterentwicklungen der Musik des russischen Komponisten und Pianisten Alexander Skrijabin.
Das Leitmotiv
Nachdem es im vergangenen Jahr um das Thema Improvisation ging, drehte sich diesmal alles um die Kommunikation. Dabei ging es um das Zusammenspiel der Musiker. Im Jazzfest-Magazin "zettbe:"gab es dazu eine Reihe von Artikeln. Beim Blättern erfuhr man, dass selbst Fische miteinander kommunizieren. Und dass junge Getreidepflanzen Klickgeräusche von sich geben, um sich vor Pflanzenfressern zu warnen. Einigen Musikern wurde die Frage gestellt: "Wann gelingt Kommunikation?" Sänger Andreas Schaerer beantwortete beispielsweise die Frage so: "…wenn das Feuer des Dialogs gemeinsam angefacht wird. (…) Intensive Kommunikation ist authentisch und entsteht aus dem Moment." Man könne ihr keine Fließrichtung aufzwingen. SASKYA-Pianistin Clara Haberkamp hat sogar einen ganzen Songtext zum Thema nonverbale Kommunikation verfasst.
Die Gegenüberstellungen
Am 26. April startete das Jazzfest Bonn im Post Tower mit Musik der Formation SASKYA. Die Band ist eigentlich ein Trio mit Klavier, Kontrabass und Saxophon. Saxophonistin Anna-Lena Schnabel war leider erkrankt und konnte nicht auftreten. Dazu gesellte sich am Ende des Konzertes der Drummer der Band des schwedischen Posaunenstars Nils Landgren. Dieser spielte in gewohnter Lässigkeit und Perfektion das zweite Konzert des Abends. Die Besonderheit: SASKYA-Musikerin Lisa Wulff trat mit ihrem Bass auch mit dem Landgren-Quartett auf.
Am 5. Mai hatte das Publikum im Haus der Geschichte das Vergnügen, die britische Sängerin Julia Biel kennenzulernen. Ihre Stimme erinnert an die isländische Sängerin Björk oder die britische Sängerin Amy Winehouse. Zu den bluesigen Songs begleitete sie sich mal am Klavier, mal mit der Gitarre. Für manche Konzertbesucher dürfte ihr Auftritt eine kleine interessante Entdeckung gewesen sein. Doch irgendwie war zu spüren, dass die meisten Gäste auf das zweite Konzert mit dem Wolfgang Haffner Quartett warteten. Der Star-Drummer gilt als bester Jazz-Schlagzeuger Europas. Zusammen mit dem Keyboarder Roberto di Gioia, dem Vibraphonisten Christopher Dell und dem Bassisten Christian Diener lieferte Haffner eine wahre Show an Virtuosität und perfektem Zusammenspiel. Das Publikum feierte ausgelassen das Quartett mit seinem spanisch angehauchten Programm.
Der norwegische Pianist Eyolf Dale war bis zu seinem Konzert am 10. Mai im LVR-LandesMuseum in Deutschland relativ unbekannt. Sein Trio wurde erweitert um ein Saxophon und eine Violine, deren Aufgabe es war, die elegischen Motive der Stücke unisono zu zelebrieren. Die Kompositionen Dales und die Strukturen der Nummern wirkten sehr komplex und zugleich kompliziert. Für den einen oder anderen im Publikum mag das Konzert des Norwegers eine sehr große Herausforderung gewesen sein. Aber das Warten lohnte sich. Denn das zweite Konzert spielte der japanische Starpianist Makoto Ozone mit seinem Trio.
Die großen Stars
Makoto Ozone gilt in der Jazzszene als einziger legitimer Nachfolger Oscar Petersons. Ein Vergleich, der mehr als ein dickes Kompliment ist. Sein virtuoses Spiel war voller musikalischer Zitate. "Ich liebe Mozart und Beethoven", erzählte er dem Publikum. Und für Peter Materna, dem Chef des Festivals, war es sicherlich ein ganz großes Glück den mehrfach Grammy-nominierten Japaner nach Bonn auf die Bühne zu holen. Kammermusikalischer Jazz vom Feinsten.
Ähnliches gilt für das Konzert mit John Scofield im Opernhaus. "Country For Old Men" nennt er sein Tour-Programm. Und Kenner des legendären Gitarristen wissen, dass der Grammy-Gewinner nie verheimlicht hat, dass er seine Wurzeln im Folk und Country hat. Das Publikum bejubelte ihn und sein Quartett und feierte den großen Mann der Jazz-Gitarre mit Standing Ovations.
Sicherlich war es auch großes Glück "Incognito" zu bekommen. Die Acid- und Soulband um den
Gitarristen Jean-Paul Maunick brachte das Publikum mit ihrem Groove zum Tanzen. Sie stellten das Programm ihres neuen 17. Album vor. Als kleine Überraschung sang beim ersten Titel Ed Motta, der mit seiner Band an diesem Abend das erste der traditionellen Doppelkonzerte beim Jazzfest bestritt. Der brasilianische Sänger und Multi-Instrumentalist war früher festes Mitglied der Formation. Mit ihr wurde er weltweit bekannt.
Peter Maternas Konzept der Gegenüberstellungen in Doppelkonzerten ging auch beim Jazzfest Bonn 2018 voll auf. Eine gelungene Mischung, die vom aufgeschlossenen Bonner Publikum wieder sehr gerne angenommen wurde.
Die DW ist Medienpartner des Festivals und zeichnet jedes Jahr sechs Konzerte für die Podcast-Reihe "Jazz Live" auf. Beim Jazzfest Bonn 2018 zeichneten wir die Konzerte mit Julia Biel, Wolfgang Haffner, Richie Beirach & Gregor Huebner, John Scofield, Makoto Ozone und Martin Albrecht und seinem Scriabin Code. An den ersten beiden Wochenenden im kommenden August gibt es diese Konzertmitschnitte als Podcasts.