Protest in Peru gegen Vizcarras Entmachtung
13. November 2020Drei Tage nach der Amtsenthebung des peruanischen Präsidenten Martín Vizcarra sind in mehreren Städten des Landes Tausende Menschen auf die Straße gegangen. Sie protestierten gegen die vom Parlament erzwungene Entmachtung, die dazu geführt hatte, dass der konservative Parlamentspräsident Manuel Merino am Dienstag das Amt des Staats- und Regierungschefs übernahm.
Berichten zufolge handelte es sich größtenteils um friedliche Demonstrationen, in der Hauptstadt Lima jedoch setzte die Polizei Tränengas ein. Nach Berichten der Zeitung "El Comercio" sowie sozialer Medien wurden einige Demonstranten und Journalisten durch Tränengas und Schrotkugeln verletzt.
Bereits an den Tagen davor hatte es Proteste in Lima gegeben. Amnesty International warf der Polizei einen überzogenen Gewalteinsatz gegen Demonstranten vor. Mit dem Einsatz von Tränengas und unidentifizierter Munition am Dienstag habe sie das Leben von Zivilisten gefährdet, hieß es von der Menschenrechtsorganisation.
"Wegen dauerhafter moralischer Unfähigkeit"
Der 57 Jahre alte Vizcarra war "wegen dauerhafter moralischer Unfähigkeit" mit einer deutlichen Mehrheit der Abgeordneten abgesetzt worden. Ihm wird vorgeworfen, während seiner Amtszeit als Gouverneur der Region Moquegua von 2011 bis 2014 Bestechungsgeld von einer Baufirma in Höhe von 2,3 Millionen Sol (etwa 533.000 Euro) angenommen zu haben.
Erst Mitte September hatte Vizcarra ein Amtsenthebungsverfahren überstanden. Damals ging es um hohe Honorare für einen relativ unbekannten Sänger. Dieser soll Mitarbeitern des Kulturministeriums Motivationskurse gegeben haben, ohne dafür qualifiziert gewesen zu sein.
"Eine Bedrohung des Rechtsstaats"
Vizcarra wies die Vorwürfe zurück. Die Amtsenthebung dürfe nicht "als politische Waffe" eingesetzt werden. Auch die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch übte Kritik. Sie bezeichnete die Absetzung Vizcarras als "eine Bedrohung des Rechtsstaats" und forderte die Organisation Amerikanischer Staaten auf, die Übergangsregierung zu kontrollieren.
Zuletzt zweifelte der parteilose Vizcarra vor Journalisten die Legitimität der Amtsannahme Merinos an, gegen den wegen illegaler Bereicherung ermittelt wird. Merino ist bereits der dritte Präsident in der aktuellen Legislaturperiode. Vizcarra war 2018 an die Spitze Perus gerückt, nachdem sein Vorgänger Pedro Pablo Kuczynski wegen Korruptionsvorwürfen zurückgetreten war. Im April kommenden Jahres stehen in dem südamerikanischen Land Präsidenten- und Parlamentswahlen an.
sti/mak (dpa, epd)