Pilotenstreik bei Lufthansa abgewendet
6. September 2022In letzter Minute haben die Lufthansa und ihre Piloten einen erneuten Streik abgewendet. "Es gibt einen Deal", bestätigte ein Sprecher der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) entsprechende Medienberichte. "Wir freuen uns, dass ein Ergebnis am Verhandlungstisch erzielt werden konnte und dadurch weitere Nachteile für Kunden, Mitarbeiter und Unternehmen vermieden werden können", erklärte VC-Tarifvorstand Marcel Gröls. Ein umfangreiches Paket sei vereinbart worden und harre der Ausgestaltung in den kommenden Tagen. Weitere Details sind noch nicht bekannt. Die Lufthansa begrüßte die Grundsatzeinigung. Das sei für die Passagiere eine gute Nachricht. "Unsere Flüge finden in den kommenden Tagen wie geplant statt."
Die VC hatte in der Nacht zu Dienstag eine zweite Streikwelle ab diesem Mittwoch angekündigt, die nur noch durch ein "ernstzunehmendes Angebot" seitens der Lufthansa verhindert werden könne. Bei der Lufthansa-Kerngesellschaft sollte demnach am Mittwoch und Donnerstag gestreikt werden, bei der Frachttochter Lufthansa Cargo einen Tag länger.
Hoher Zeitdruck
Die jüngsten Verhandlungen standen unter hohem Zeitdruck, weil das Unternehmen im Fall eines Streiks über Flugstreichungen hätte entscheiden müssen. Dies sei sowohl für die Flugzeug- und Crew-Disposition als auch für einen zumindest minimalen Vorlauf für die Fluggäste notwendig, teilte die Lufthansa mit. Personalvorstand Michael Niggemann hatte die Streikdrohung als falsch bezeichnet, aber dennoch ein neues Angebot unterbreitet.
Die Lufthansa hatte bereits für den vergangenen Freitag den kompletten Betrieb der Kerngesellschaft gestrichen, nachdem die VC ihre Mitglieder zur ersten Streikwelle aufgerufen hatte. Rund 800 Flüge mit 130.000 Passagieren fielen aus. Die VC änderte ihre frühere Forderung nach einem automatisierten Inflationsausgleich und forderte nun eine jährliche Tariferhöhung um 8,2 Prozent ab 2023 - zusätzlich zu einer Erhöhung in diesem Jahr um 5,5 Prozent.
"Deutliche Gehaltssteigerungen angemessen"
Das Unternehmen hat pauschale Erhöhungen der Grundvergütung von 500 Euro zum 1. September 2022 und um 400 Euro zum 1. April 2023 angeboten. Das ergebe je nach bisherigem Gehalt Steigerungen zwischen fünf und 18 Prozent. Konzernchef Carsten Spohr sagte, in Zeiten einer hohen Inflation seien deutliche Gehaltssteigerungen insbesondere in den unteren Gruppen angemessen und manche Einstiegsgehälter nicht mehr haltbar. "Wir haben unsere Mitarbeiter nicht alleingelassen in der Pandemie, und wir werden sie auch nicht alleinlassen in der Inflation."
Laut Lufthansa beliefen sich die zusammengefassten Forderungen der VC vor der Änderung auf rund 900 Millionen Euro Mehrkosten in zwei Jahren. Die Personalkosten im Cockpit würden sich so um 40 Prozent erhöhen. Dies sei selbst ohne Rücksicht auf die finanziellen Folgen der Corona-Krise außerhalb des Vertretbaren. Erst im Juli hatte die Gewerkschaft Verdi mit einem Warnstreik des Bodenpersonals den Flugbetrieb der größten deutschen Fluggesellschaft für einen Tag nahezu lahmgelegt. Die Flugbegleiter-Gewerkschaft UFO will im Herbst für ihre Mitglieder verhandeln.
jj/uh (dpa, rtr)