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Piraten-Einsatz mit offenem Ende

8. Dezember 2011

Nach vier Monaten hat Deutschland das Kommando über die EU-Mission "Atalanta" wieder abgegeben. Wie lange der Kampf gegen die Piraten am Horn von Afrika noch dauern wird, weiß auch die Bundesregierung nicht.

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Verteidigungsminister Thomas de Maiziere auf dem Deck der Fregatte 'Bayern' im Hafen in Dschibuti (Foto: dpad)
Verteidigungsminister de Maizière auf der Fregatte "Bayern"Bild: dapd

Vier anstrengende Monate im Golf von Aden liegen hinter den Soldaten. Die deutsche Marine hat die Schiffe des UN-Welternährungsprogramms (WFP) begleitet und abgesichert, die durch die gefährlichste Seestraße der Welt Hilfsgüter für die von Bürgerkrieg und Hungersnot gezeichneten Somalier bringen.

Der Schutz sei zu 100 Prozent erfüllt, so die Bilanz von Thomas Jugel, dem deutschen Flottillenadmiral, der das Kommando über die EU-Mission "Atalanta" inne hatte und es jetzt an die Spanier übergibt. Allerdings, so sagt er, hielten die Angriffe der Seeräuber auf Handelsschiffe noch immer an. Derzeit seien 200 Geiseln in der Hand von Piraten, festgehalten unter menschenunwürdigen Umständen. Allein bis November dieses Jahres wurden 224 Piratenvorfälle gemeldet.

Fregattenkapitän Andreas-Peter Graf von Kielmansegg hat während des Einsatzes selbst erlebt, dass die Piraten äußerst brutal gegen ihre Gegner vorgehen: "Die Piraten riskieren in ihren kleinen Booten Leib und Leben, denn sie haben nichts zu verlieren." Die größte Herausforderung der letzten Monate sei gewesen, dass sie jederzeit bereit sein mussten für einen Notruf, sagt der Fregattenkapitän. Wird die Besatzung eines Schiffes bedroht und beschossen, dann rücken die Marinesoldaten aus, schwer bewaffnet. Oft schicken sie einen Hubschrauber. Allein ihre Präsenz schreckt die Piraten ab.

"Der Chef muss da sein, wo seine Leute sind"

Verteidigungsminister Thomas de Maizière ist das erste Mal in Dschibuti. "Es wurde Zeit", sagt er den Soldaten bei der Kommando-Übergabe. "Der Chef muss da sein, wo seine Leute sind. Das gehört sich so." Nach der Zeremonie wollen die Soldaten feiern. Sie haben Bierbänke an Deck aufgestellt, es läuft Tanzmusik, sie unterhalten sich, die Stimmung ist entspannt. Mittendrin der Minister, er will von ihnen wissen, wie sie den Einsatz erlebt haben. Sie halten den Einsatz für sinnvoll, jedes nicht überfallene Handelsschiff sei ein Erfolg. Aber: Die Piraten weiten ihr Angriffsgebiet immer weiter aus.

Doch die Erfolgsrate beim Entern der Schiffe sinkt. Das liegt auch daran, dass sich die Reeder gegen die Gefahren wappnen. Sie schützen sich jetzt selbst. Verteidigungsminister de Maizière unterstützt den Einsatz von bewaffneten Sicherheitskräften auf den Schiffen: "Wir verlangen von jedem Fußballclub, dass er Ordnungsdienste hat. Der Schutz des Eigentums ist erst einmal Aufgabe des Eigentümers." Er habe nichts gegen privaten Schutz auf Schiffen. Aber der Verteidigungsminister wünscht sich eine Zertifizierung der Sicherheitsdienste, damit der Job von zuverlässigen Leuten durchgeführt wird.

Soldaten nehmen Piraten in Gewahrsam (Archivfoto: Bundeswehr)
Archivfoto: Soldaten nehmen Piraten in GewahrsamBild: Bundeswehr

Ursachen der Piraterie müssen bekämpft werden

"Atalanta" ist der drittgrößte Einsatz der Bundeswehr. Doch er stößt an Grenzen. Immer wieder müssen die Marinesoldaten gefasste Piraten an Land in Somalia absetzen, weil die Beweislage für ein Gerichtsverfahren nicht ausreicht. Allein unter dem deutschen Kommando der letzten Monate wurden so 54 aufgegriffene Piraten wieder an die Küste zurückgebracht. Frustrierend sei das, sagt der Verteidigungsminister, für ihn und für die Soldaten. Sie kämpften erfolgreich an den Symptomen, die Ursachen aber könnten nur mühsam bekämpft werden. "Der militärische Einsatz ist erfolgreich, notwendig aber ist eine politische Lösung", so de Maizière.

Die Lösung liegt in Somalia. Solange das Land keine staatlichen Strukturen hat, die Menschen hungern und unter Bürgerkriegen leiden, ist Somalia ideales Hinterland für Piraten und ihre Hintermänner. Der Verteidigungsminister stellt fest: "Es gibt kein Indiz für das Ende des Mandats."

Verteidigungsminister de Maizière im Hafen in Dschibuti beim Auslaufen der Fregatte 'Bayern' (Foto: dapd)
Auf dem HeimwegBild: dapd

Also auch kein Ende der Piraterie. Deutschland ist als zweitgrößte Exportnation der Welt abhängig vom Handel über die Weltmeere und hat ein fundamentales Interesse daran, dass die Wege sicher sind. Wie viele andere Staaten auch - deshalb haben Länder wie China, Russland oder Indien eigene Schiffe zum Kampf gegen die Piraten an den Golf von Aden geschickt. Auch die NATO beteiligt sich mit ihrem Einsatz "Ocean Shield". Bei der EU-Mission "Atalanta" ist die Bundeswehr von Beginn an - seit dem Jahr 2008 - dabei. Nun geht es für 246 Bundeswehrsoldaten wieder nach Hause.

Weihnachten wieder zuhause

Zwei Schlepper ziehen die "Bayern" aus dem Hafen von Dschibuti. "Der Heimweg geht schneller als der Hinweg. Irgendwie laufen die Maschinen schneller, oder der Wind ist besser, oder das Wasser ruhiger - es ergibt sich so. Ich vermute, das wird jetzt wieder so sein", sagt Minister de Maizière. Die Soldaten stehen an der Reling, winken und strahlen. Sie alle freuen sich am meisten auf das Wiedersehen mit ihren Familien. Zu Weihnachten wollen sie zuhause sein.

Autorin: Katharina Kroll
Redaktion: Kay-Alexander Scholz