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Aus CO2 wird Plastik

Ralph Ahrens21. April 2015

Die Bundesregierung wird mehrere Milliarden Euro in innovative Technologien investieren, die sich mit nachhaltiger Entwicklung beschäftigen. Zum Beispiel mit der Herstellung von Treibstoff aus dem Treibhausgas CO2.

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Kunststoffmesse K2013 Schaumstoffwürfel mit CO2 Anteil
Bild: DW/F. Schmidt

Kohlendioxid ist der Klimakiller Nummer eins. Das Gas entsteht bei der Verbrennung, zum Beispiel von Holz, Kohle oder Öl.

Es ist zwar möglich, Kohlendioxid, CO2, aus der Atmosphäre zu entfernen und chemisch zu verwenden. Allerdings ist es ein reaktionsträges Molekül: Um es zur Reaktion zu bringen, ist Energie nötig. Mit erneuerbaren Energien lässt sich CO2 jedoch klimafreundlich für Kraft- und Kunststoffe nutzen, erklärt Michael Carus. Der Physiker ist Energieexperte vom unabhängigen nova-Institut bei Köln. Die Nutzung von CO2 steht allerdings noch am Anfang.

Aus CO2 wird Kunststoff

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) förderte die Forschung für nützliche Anwendungen von Kohlendioxid schon in den vergangenen Jahren mit 100 Millionen Euro. Das Geld sei gut investiert, meint Lothar Mennicken vom BMBF und verweist auf erste Erfolge. So wird Bayer Material Science aus Leverkusen wohl der erste deutsche Chemiekonzern sein, der einen Kunststoff vermarktet, der auf dem Treibhausgas basiert.

Der Konzern gewinnt Kohlendioxid aus dem Abgas eines Kohlekraftwerks. Er lässt es mit der Chemikalie Propylenoxid, die aus Erdöl hergestellt wird, reagieren. Dabei entstehen Polyole: lange Moleküle, mit denen sich der Kunststoff Polyurethan herstellen lässt - etwa für Weichschaummatratzen.

"Der Charme dieses Verfahrens ist, dass so der Bedarf an Erdöl gesenkt wird", erklärt Bayer-Chemiker Christoph Gürtler. Denn bisher basieren solche Kunststoffe zu hundert Prozent auf Erdöl. Im Jahr 2015 will der Chemiekonzern solche Polyole erstmals auf dem Markt anbieten. Sie können dann dazu beitragen, das Klima zu schützen, sagt Gürtler.

Kraftstoffe aus Kohledioxid

Die isländische Firma "Carbon Recycling International" ist schon einen Schritt weiter. Sie nutzt seit 2011 den in Island preiswerten Strom aus dem Geothermiekraftwerk, um Wasser elektrolytisch zu spalten und Wasserstoff zu gewinnen. Aus dem Wasserstoff und Kohlendioxid, das aus dem Gestein frei wird, stellt die Firma den Kraftstoff Methanol her.

Die jedes Jahr so entstehenden 4.000 Tonnen Methanol werden auf Island und in den Niederlanden dem Benzin zugemischt. Allerdings ist das eine Menge, die den Kraftstoffbedarf Europas nicht ansatzweise decken kann.

Die Idee, Kohlendioxid mit Wasserstoff reagieren zu lassen, ist an sich nichts Neues. Inzwischen gebe es in Deutschland 20 Anlagen, in denen das versucht wird, sagt Michael Carus vom nova-Institut. "Dort wird mit überschüssigem Windstrom Wasserstoff gewonnen und aus Wasserstoff und Kohlendioxid Methan hergestellt." Methan lässt sich ins Erdgasnetz einspeichern oder in erdgasbetriebenen Autos als Kraftstoff nutzen.

Kohlendioxid als erneuerbarer Rohstoff?

Technisch ist heute bereits vieles möglich. Doch meistens lohnt es sich nicht, betont Physiker Carus - zumindest noch nicht. Er glaubt, es brauche nur den richtigen Anreiz, damit Firmen große Mengen synthetisches Methan oder Methanol aus Kohlendioxid herstellen.

In der EU wird bereits diskutiert, ob CO2-basiertes Methan oder Methanol als erneuerbarer Energieträger oder erneuerbarer Kraftstoff gelten sollen. Dann wären diese Stoffe etwa Biosprit aus Mais oder Raps gleichgestellt. Solch eine Anerkennung als erneuerbarer Rohstoff würde die Vermarktung erleichtern, sagt Carus.

Doch Carus vermisst entsprechende Gedankenspiele, um auch CO2-basierte Kunststoffe zu fördern. "Dabei wäre es klimapolitisch sinnvoller, CO2 in chemischen Produkten zu speichern." Denn: CO2 wird dann länger der Atmosphäre entzogen als bei Kraftstoffen.