Platz für Urban Art
Die einen nutzen die Szenerie des urbanen Verfalls und sprayen Graffitis, die anderen fotografieren dort. Sogenannte Lost places wie die ehemalige Papierfabrik in Eberswalde sind gefragt.
Architektur als Grundlage für Kunst
Mehr als 200 Jahre war die Papiermühle Wolfswinkel in Eberswalde nahe Berlin in Betrieb. Als ihre Pressen und Walzen 1994 verstummten, wurde die Fabrik dem Verfall überlassen. Eine spezielle Atmosphäre, die bald junge Urban Artists aufgriffen: In Abstimmung auf die Architektur plazierten sie ihre Kunstwerke auf Wände und Böden.
Fotos als Souvenir
Weil die Gesamtkomposition zahlreiche interessante Motive liefert, organisiert das Berliner Unternehmen go2know Fototouren durch die verlassene Fabrik. Teilnehmerin Nadja Lorenz begeistern besonders die Figuren des Künstlers Kim Köster, die sie in den alten Anlieferungs- und Lagerhallen entdeckt hat.
Freundliche Monster
Kim Köster gelingt es, den Raum in sein Kunstwerk einzubeziehen. So sehen diese Monster aus, als wollten sie sich gerade über die Dämmwolle auf dem Boden hermachen. "Eigentlich sind Monster und Vampire etwas Böses. Aber in diesem Bild kommen sie einfach herein und entpuppen sich als lustige, friedliche Wesen", kommentiert Hobbyfotografin Nadja Lorenz ihr Lieblingsbild.
Werde ich auch mal groß?
...scheint das kleine, einäugige Monster seinen Nachbarn zu fragen, von dem nur das Ende eines Beins zu sehen ist. Es wirkt, als reiche der Rest des riesigen Körpers durch alle Stockwerke hindurch bis zur Decke. Durch diese Andeutung nimmt Kim Köster Bezug zur Gesamthöhe des Raumes - ein Motiv, das die griechische Fotografin Daphne Kougea festhält.
Ost-Platte als Kunstprodukt
Fasziniert ist die Athenerin Daphne Kougea von diesem Kunstwerk. Mit Schablone und Spraydose hat der Berliner Streetart-Künstler Evol simple Betonblöcke im Hof der Fabrik in Plattenbauten verwandelt: "An einem Ort, an dem alles verfällt, lässt Evol Dinge wie Häuser scheinbar neu entstehen", kommentiert Kougea ihr Foto.
Historischer Ort
Nicht alle Tour-Teilnehmer interessieren sich in erster Linie für die Wandbilder und Rauminstallationen. Klaus Mumm aus Berlin war neugierig, wie sehr die industrielle Geschichte in den Räumen der alten Papierfabrik noch nachhallt. Mit der Technik der Über- und Unterbelichtung - der HDR-Fotografie - dokumentiert er die ehemalige Maschinenhalle.
Aus einer fernen Zeit
Dann stößt Mumm auf dieses Wandbild von Tobias Starke, dessen Symbiose mit der Industriearchitektur ihn beeindruckt: "Man kann das Vergangene und das Neuzeitliche bei diesem 'Big Boss' mit der Zigarre deutlich spüren. Er erzählt mir mit dem wehenden Haar von einem alten Industriezeitalter und scheint sich förmlich ins Gedächtnis einzubrennen."
Im Reich der Fantasie
Anika Zinsilowski ist die jüngste Teilnehmerin der Tour. Sie hat nicht erwartet, soviel Künstlerisches in der Papiermühle zu finden. Maskierte Vögel und fellbehangene Männchen begegnen der Abiturientin auf ihrem Weg zum ehemaligen Trockenboden der Papiermühle. "Eine spannende Mischung aus Realität und Unwirklichem", findet sie.
Gekonnte Schattensetzung
Ihr Lieblingsfoto zeigt eine wilde Gestalt, deren aufgemalter Schatten sich perfekt an die Lichtverhältnisse vor Ort anpasst und so dem Kunstwerk eine räumliche Wirkung verleiht. "Mich erinnert das Motiv an ein kleines, trotziges und unerschrockenes Kind, das seine Grenzen austesten will", sagt Anika Zinsilowski bewegt.
Kunst im öffentlichen Raum
Urban Art gilt nach wie vor als illegal, denn nur selten stellen Grundstückseigentümer Wände offiziell zur Verfügung. Verlassene Gebäude wie diese Papierfabrik sind ein Glücksfall für Künstler. Berlin, das besonders viele dieser Räume bietet, hat sich zu einem wichtigen Zentrum dieser Kunstrichtung entwickelt.