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Pleite-Kandidat Zypern leitet EU

1. Juli 2012

Die Republik Zypern hat den EU-Ratsvorsitz übernommen, und das mitten in der Schuldenkrise. Der Inselstaat musste erst jüngst selbst Nothilfen beantragen. Der Dauerkonflikt mit dem türkischen Norden belastet zusätzlich.

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Ein großes Bronzedenkmal der "Europa auf dem Stier mit Erdkugel und Taube" - im Hafen der kretischen Stadt Agios Nikolaos (Archiv)
Europa auf dem StierBild: picture-alliance/dpa

Ziel sei ein Europa mit mehr Effizienz und Nachhaltigkeit, das durch Wachstumsimpulse eine größere Wirtschaftsleistung erbringe, ließ der zyprische Präsident Demetris Christofias durch den Rat der Europäischen Gemeinschaft erklären. Wachstumsfördernde Maßnahmen, Arbeit am mehrjährigen Finanzrahmen bis 2020, aber auch ein gemeinsames europäisches Asylsystem nennt Christofias als Schwerpunkte seines Programms als EU-Ratsvorsitzender. Mit seinen knapp 840.000 Einwohnern hat Zypern von Dänemark die sechsmonatige Ratspräsidentschaft übernommen.

Zum ersten Mal seit dem EU-Beitritt der Insel im östlichen Mittelmeer im Jahr 2004 soll das Land die Leitungsfunktion ausüben. Obwohl man selbst vor riesigen Herausforderungen steht, wird die Messlatte hochgehängt: "Wir wollen nicht nur beweisen, dass wir ein Großereignis ausrichten können, sondern dass Zypern die Aufgabe so gut meistern kann wie jedes andere europäische Land", betonte Präsidentschaftssprecher Kostas Giennaris angesichts der zahlreichen Zweifler. Ob Zypern den Anspruch erfüllen kann, muss sich zeigen, denn bei vielen Fragen ist es eher Teil des Problems als der Lösung.

Zyprische Staatsanleihen auf Ramsch-Niveau

Düster sieht es für Nikosia derzeit vor allem in finanzieller Hinsicht aus. Mitte der Woche erklärte sich die Eurozone dazu bereit, auch Zypern als fünftem Euroland Finanzhilfe zu gewähren.

Zypern: Angst vor harten Einschnitten

Zypern befindet sich nun in Gesellschaft der Krisenstaaten Griechenland, Spanien, Portugal und Irland - und ist das erste Land, das die EU-Ministertreffen leitet und zugleich Hilfe aus dem Euro-Rettungsfonds erhält. Als Hauptproblem des Inselstaates gilt der eng mit den griechischen Geldhäusern verwobene Bankensektor. Nach Angaben von Diplomaten müssen die zyprischen Banken wegen der Schuldenkrise im benachbarten Griechenland rund 3,5 Milliarden Euro abschreiben. Für die drei großen US-Ratingagenturen sind zyprische Staatsanleihen daher bis auf Weiteres nur noch Ramsch.

Gerade im kommenden Halbjahr sollen die harten Verhandlungen um das EU-Budget für die Jahre 2014 bis 2020 entscheidend vorankommen. Dabei geht es um eine Billion Euro, deren Verteilung zwischen armen und reichen Ländern heftig umstritten ist. EU-Diplomaten bezweifelten wiederholt, dass Zypern hier einen Durchbruch schafft.

Ankara will Ratspräsidentschaft boykottieren

Die seit 38 Jahren in einen griechischen Süden und einen türkischen Norden geteilte Insel steht zudem im Mittelpunkt des Konflikts um einen EU-Beitritt der Türkei. Den im Jahr 1974 von der Türkei besetzten Norden erkennt nur Ankara an, zum Süden pflegt die Türkei keine Beziehungen. Alle Versuche, die Insel wieder zu einen, scheiterten bisher. Während der Ratspräsidentschaft ist zumindest nicht mit neuen Vorstößen der EU oder der internationalen Gemeinschaft zu rechnen, weil im Februar in Zypern ein neuer Präsident gewählt werden soll.

Die Regierung in Ankara hat klargemacht, dass sie die zyprische Ratspräsidentschaft boykottieren wird. "Sie werden noch nicht einmal mit uns sprechen", sagte die zyprische Außenministerin Erato Kozakou-Marcoullis. Das Ganze sei in einer "völligen Sackgasse". Die ohnehin vor allem wegen der Zypern-Frage seit Juni 2010 auf Eis liegenden Beitrittsverhandlungen zwischen der EU und der Türkei werden bis zum Jahresende also keinerlei neue Impulse bekommen.

gd/nis/sc (AP,afp,dpa)