Polen hebt Zwangsruhestand von Richtern auf
21. November 2018Um die polnische Regierung zum Einlenken zu bringen, musste die EU harte Geschütze auffahren: Das Rechtsstaatsverfahren gilt als schärfste Waffe gegen Regelverstöße von Mitgliedsstaaten. Auf Anordnung des Europäischen Gerichtshofs hob Polen die umstrittene Zwangspensionierung oberster Richter vorerst wieder auf. Das Warschauer Parlament verabschiedete im Eilverfahren einen entsprechenden Gesetzentwurf, der den rechtlichen Status zwangspensionierter Richter ändert und ihnen den Dienst wieder erlaubt.
Allerdings waren die betroffenen Juristen bereits nach dem EuGH-Beschluss vom 19. Oktober wieder zur Arbeit zurückgekehrt. Damals ordnete das Gericht in Luxemburg einstweilig an, umstrittene Zwangspensionierungen sofort zu stoppen und rückgängig zu machen. Die Kommission kritisiert seit 2016 den Umbau der polnischen Justiz und leitete 2017 das Rechtsstaatsverfahren ein.
Hintergrund war ein umstrittenes Gesetz, mit dem Polens nationalkonservative Regierungspartei das Renteneintrittsalter oberster Richter von 70 auf 65 Jahre gesenkt und dadurch Kritikern zufolge mehr als 20 missliebige Juristen in die Frührente geschickt hatten. Die EU-Kommission sah die Unabhängigkeit der Justiz bedroht und klagte gegen das Gesetz.
Laut PiS-Regierung kommt Polen mit neuen Gesetzesänderungen dem EuGH-Beschluss nach. Zu den geplanten Maßnahmen hatte Warschau bereits zu Wochenbeginn einen Bericht in Brüssel vorgelegt. Er hob die Sorge der Kommission jedoch nicht auf. Vizepräsident Frans Timmermans pochte auf "eine Beschleunigung der Umsetzung der umstrittenen Pensionierungsregelung" und forderte Warschau auf, schnellstens den Kurs zu ändern und mit Brüssel ins Gespräch zu kommen.
jv/kle (dpa, ape)